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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Es liesse sich sogar denken, dass Luther merkte, dass das die Absicht Melanchthons bei der Aenderung gewesen sei, und dass er den Melanchthon gewähren liess, wenn er gleich seine Hoffnungen nicht theilte.

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 Weiteres aber konnte Melanchthon mit der Aenderung unmöglich bezwecken. Unmöglich konnte seine Absicht dabei die sein, den Lutheranern das Abendmahlsbekenntniss, das in der conf. invariata ausgesprochen war, zu nehmen, und ihnen ein anderes unterzuschieben, welches ihnen nicht gestattete, die ganze Abendmahlslehre Luthers, wie sie in der conf. invariata enthalten war, in dasselbe hineinzulegen. Denn zu diesem Endzweck will man ja doch von gewisser Seite die conf. variata missbrauchen. Man will sagen, das Bekenntniss der Augustana reicht nicht weiter, als dahin, dass im Abendmahl Christi Leib dargereicht werde. In welcher Weise, ob mit und unter Brod, oder nur mittelst des Glaubens, ob allen oder nur den Würdigen, darüber sagt das Bekenntniss nichts, man darf also jetzt nicht mehr sagen, auf dem Boden der Augustana stehe nur, wer ein Dasein des Leibes und Blutes Christi in, mit und unter dem Brod bekenne, und eine Mittheilung desselben an Würdige und Unwürdige behauptet; man muss vielmehr auch den als Bekenner der Augustana gelten lassen, der beides in Abrede stellt, und das Dargereichtwerden etwa im Sinne Calvins versteht. Die Lutheraner wären damit um ihr ursprüngliches Bekenntniss betrogen gewesen, es wäre durch eine List ihnen entzogen worden, und Eck hätte Recht gehabt, als er auf dem Wormser Colloquium behauptete, die jetzt vorgelegte Confession sei eine andere, als die dem Kaiser Carl in Augsburg vorgelegte; Melanchthon aber hätte sich einer Lüge schuldig gemacht, als er antwortete: „in der Sache oder Substanz oder Meinung sei nichts geändert, obwohl in dem letzten Exemplar etwas linder oder klärer Worte gebraucht sind.“ Dass dann Luther geradehin der dupirte Theil


    günstiger gedacht: denn wenn er jetzt durch die in Rede stehende Aenderung den Schweizern den Anschluss an die Augustana erleichtern wollte, so dachte er dabei an den Umschwung der Lehre Zwinglis, welcher durch Calvin Statt hatte, von der er allerdings glaubte, dass sie der Lehre Luthers näher stehe.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/117&oldid=- (Version vom 1.10.2017)