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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

war, ist leicht zu sehen, schwer aber zu glauben, dass Luther der Mann darnach war, sich dupiren zu lassen. Und wäre er und wären es mit ihm die Lutherischgesinnten gewesen, so hätte das neue Bekenntniss seine Bedeutung verloren, so bald der Betrug aufgedeckt war: denn wer will annehmen, dass man auf solche Weise an ein Bekennntniss binden darf?

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 Wer sich dazu verstehen kann, dem Melanchthon einen solchen bösen Streich zuzutrauen, der wird sich freilich auch zu helfen wissen, wenn wir ihm entgegen halten, dass Melanchthon selbst auch in der späteren Zeit sich stets zu dem Bekenntniss von 1530 bekannte. Wir wollen nur ein Paar Beispiele anführen. Das eine ist dieses: die zuerst in der „gründlichen Historie der A. C.“ 1634 enthaltene Erzählung, dass Melanchthon auf dem Regensburger Colloquium 1541 genöthigt worden sei, den geänderten Artikel X in seiner alten Fassung herzustellen, ist zwar unwahr. Sie beruht auf einer ganz falschen Deutung gewisser Vorfälle in Regensburg. Auf ihm war nemlich das sog. erste Interim vom Kaiser vorgelegt worden, und in diesem war die Lehre vom Abendmahl in einer Weise gefasst, mit welcher man protestantischer Seits hätte zufrieden sein können, am Rand der Schrift aber war dem Bekenntniss eine Deutung zu Gunsten der Transsubstantiationslehre gegeben. Diess veranlasste zu mehreren Schritten, unter anderen zu dem, dass Melanchthon in seinem und der anderen Collocutoren Namen eine Schrift übergab, in welcher ihr Bekenntniss vom Abendmahl enthalten war. Dieses lautet so: „wir haben deutlich bezeugt, dass wir den allgemeinen Consens der christlichen Kirche annehmen und vertheidigen, nemlich dass im Nachtmahl des Herrn mit dem gesegneten Brod und Wein wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sind und empfangen werden der Leib und das Blut des Herrn. Denn wir haben bezeugt, dass wir verwerfen diejenigen, welche läugnen, dass der wahre Leib Christi nicht gegenwärtig dasei und empfangen werde. Denn wir haben einen Abscheu für den ruchlosen Reden in dieser Sache.“[1] Da haben


  1. Historie des Sacramentsstreits p. 439. Ueber diese Vorgänge auch Köllner, Symbolik der luth. Kirche, p. 247.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.10.2017)