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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

wir also genau dasselbe Bekenntniss, welches wir in der Augustana invariata lesen.

 Der anderen Beispiele haben wir schon an einem anderen Ort gedacht, sie mögen aber hier in extenso stehen. Melanchthon schreibt im Jahr 1557: neque discedere nos neque discessuros esse a confessione nostra, Augustae exhibita a. 1530, nec mutare nos doctrinam ejus confessionis nec mutaturos esse et rejicere nos dogmata cum ea pugnantia.[1] Und ausdrücklich schliesst er noch an einer anderen Stelle die Deutung aus, welche man alsbald der conf. invariata gegeben hatte. Er sagt 1558: „damit aber verstanden werde, dass nicht allein von geistlicher Niessung, die auch ausser dem Gebrauch des Sacraments geschieht, geredet werde, ist dabei gesetzt, dass im eingesetzten Brauch der Herr Christus lebendig und wesentlich gegenwärtig sei..“[2]

 Man darf diesen Worten freilich keine zu weite Deutung geben und daraus folgern, Melanchthon sei damals noch in allen Stücken zum Bekenntniss Luthers gestanden, aber den vollgültigen Beweis liefern sie, dass Melanchthon mit dem Bekenntniss von 1540 nicht das von 1530 abrogiren wollte. Diesem Beweis könnte sich nur entziehen, wer sich entschliessen wollte zu sagen: wie Melanchthon im Jahr 1540 sich jene List, um nicht zu sagen jenen Betrug, erlaubt habe, so habe er es auch über sich vermocht, in den angeführten Fällen ein unwahres Bekenntniss abzulegen. In diesem Punkt haben wir indessen selbst Heppe für uns, der sagt: „von einer Abänderung, welche Melanchthon mit dem Lehrinhalt der Augsb. Confession vorgenommen haben soll, liegt in der neuen Bearbeitung der Augustana nichts vor.“ Freilich aber, Heppe findet in der Aug. invariata bereits nur den Melanchthonischen Typus: doch das ist schon zurückgewiesen.

 Nehmen wir nun noch hinzu, dass nur mit dem lateinischen Text eine Aenderung vorgegangen, der deutsche Text aber unverändert geblieben ist, auf den man sich also jederzeit berufen konnte, so wird man als unzweifelhaft anzuerkennen haben, dass eine Alteration der Abendmahlslehre in dem Sinne,


  1. C. R. IX, 386.
  2. C. R. IX, 626.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.10.2017)