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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Protestanten und Katholiken, in Wahrheit aber stand es, darin dem Regensburger Interim von 1546 immerhin sehr unähnlich ganz auf katholischer Seite. Dennoch gab sich der Kaiser der Hoffnung hin, die Protestanten zur Annahme desselben zu bewegen. Zwei Monate vor Veröffentlichung desselben fing er an, die Fürsten zu sondiren, am 17. März wurde es dem Kurfürsten Moritz von Sachsen vorgelesen, und natürlich legte der Kaiser ein besonderes Gewicht darauf, dass es in dessen Lande, der Wiege der Reformation, eingeführt würde. Der Kurfürst verweigerte die Annahme, bevor er es nicht seinen Theologen vorgelegt hätte, und bat den König Ferdinand, die Erlaubniss dazu bei dem Kaiser auszuwirken, Ferdinand aber rieth, er möge von Melanchthon absehen, denn dieser sei bei dem Kaiser besonders schlecht angeschrieben, und leicht könne es kommen, dass er dessen Auslieferung verlange. Am 24. März verhandelte dann der Kaiser in Person mit dem Kurfürsten und liess ihm durch den orator sagen, er hoffe, er werde sich gleich den anderen Fürsten fügen. Der Kurfürst antwortete, er hätte den Seinen versprochen, sie nicht zur Verleugnung ihrer Religion zu zwingen und die Sache im alten Stand zu lassen, bis dieselbe auf einem freien Concil entschieden wäre. Das habe der Kaiser selbst zugestanden, er bitte daher um die Erlaubniss, nach Hause reisen zu dürfen, um sich mit den Seinigen zu berathen. Der Kaiser erwiederte: was ein Fürst mit den Ständen in Sachen der Religion beschlossen habe, das müssten die Unterthanen annehmen, so sei es Sitte, die Theologen aber, mit denen der Kurfürst sich berathen wolle, seien gerade die, welche sich wider die kaiserliche Majestät aufgelehnt hätten, und unter diesen sei Melanchthon der ärgste, den solle er ihm ausliefern. Darauf entgegnete der Kurfürst: da er mit Zustimmung des Kaisers seinen Unterthanen jenes Versprechen gegeben, so sei seine Lage eine andere als die der anderen Fürsten. Den Melanchthon suchte er zu entschuldigen.

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 Die Erlaubniss, den Reichstag zu verlassen, um die er bat, konnte der Kurfürst noch nicht auswirken. Er hatte sich aber bald nach dieser Unterredung eine Abschrift des Interims zu verschaffen gewusst, diese sendete er an seine Theologen und forderte sie

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/124&oldid=- (Version vom 1.10.2017)