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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

und sein Plan ging nun dahin, einen Entwurf zu Stande zu bringen, in welchem die evangelische Lehre erhalten bliebe, in allen anderen Punkten aber möglichst viel nachgegeben und so der neue Entwurf dem Augsburger Interim möglichst nahe gerückt werde. Er drückte das immer so aus, es solle mit Wahrung der reinen Lehre und des rechten Gebrauchs der Sacramente in adiaphoris nachgegeben werden, und er hegte dabei die Hoffnung, dass der Kaiser auf die Aenderungen, welche in der Lehre vorgenommen würden, kein Gewicht legen, oder sie auch übersehen werde, ja dass er sich zufrieden geben werde, wenn das Werk nur den Namen Interim trage. Für diesen Plan musste er aber seine Theologen zu gewinnen suchen, denn ohne sie war im Lande nichts auszurichten. Die Theologen erklärten sich nun freilich ungünstig über das Interim, aber schon das erste Gutachten war ein gemässigtes, und als der Kurfürst durch Vertraute sie ausholen liess, konnte er sogleich die Hoffnung schöpfen, dass sie ihm willfährig sein würden. Schon in jenem berüchtigten Brief Melanchthons an den Rath v. Carlowitz vom 28. April (also wenige Tage nach dem in Celle abgegebenen Gutachten), auf den wir noch zurückkommen werden, nannte Melanchthon die Bedingungen des Kaisers mediocres. Es war nun Sache des Kurfürsten, die Theologen festzuhalten, und es gelang ihm Schritt für Schritt, sich dieselben dienstbar zu machen.

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 Zuerst waren die Theologen noch von der Voraussetzung ausgegangen, dass das Interim beiden Theilen gelten solle und hatten unter dieser Voraussetzung sich erboten, die Hand dazu zu bieten. Als aber dann das Interim von den katholischen Ständen abgelehnt worden war, und der Kaiser dennoch wollte, dass es die Protestanten annähmen, wollten sich freilich die Theologen zurückziehen, liessen sich aber doch bald darauf wieder auf ein Gutachten ein, das keineswegs der Art war, dass der Kurfürst dadurch entmuthigt wurde. Sie erklärten sich darin bereit zur Nachgiebigkeit in den Mitteldingen, und überliessen es dem Kurfürsten, was er im Fall, dass ein Krieg drohe, zur Vertheidigung der Kirche unternehmen oder ertragen wolle, sie aber seien bereit als Privatpersonen zu leiden. Dess also konnte der Kurfürst gewiss sein, dass die Theologen ihm in keinem

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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/130&oldid=- (Version vom 1.10.2017)