Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/129

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Der weitere Verlauf war dann der: die Theologen mussten eine neue Agende ausarbeiten, in welche alles das aufgenommen war, worüber man sich in Leipzig verständigt hatte. Zu diesem Endzweck hatten sie eine Zusammenkunft bei dem Herzog Georg von Anhalt (dem Coadjutor der Magdeburger Diöcese) in Merseburg, auf dieser sollten aber auch über die vornehmsten Lehren piae formulae institutionis eingereicht werden. Diese Arbeit wurde im März 1549 fertig. Am 13. April sollte die neue Agende in Torgau verlesen werden, die Verhandlungen wurden aber durch die eingelaufene Schrift eines Flacianischen Sendlings gehindert, worin dieser die Theologen beschuldigte, das Land zum Abfall von der lutherischen Kirche verleiten zu wollen, und diese Schrift hatte viele von der Ritterschaft abwendig gemacht. Erst, nachdem man hoffen konnte, durch eine Gegenschrift den Eindruck dieser Schrift verwischt zu haben, berief der Kurfürst (im Mai) die Stände und Theologen nach Grimma, da wurde die neue Agende approbirt und am 4. Juli 1549 an alle weltliche Obrigkeiten hinausgegeben, mit dem Befehl, die Einführung zu vollziehen.

 So war es zu dem Leipziger Interim gekommen. Man unterscheidet da gewöhnlich ein grosses und ein kleines Interim. Unter dem ersteren versteht man die auf dem Leipziger Landtag approbirten Artikel, unter dem anderen die von dem Kurfürsten zum Landesgesetz erhobene Verordnung über den Gottesdienst.

 Bilden wir uns nun ein Urtheil über dasselbe.

 Man kann dasselbe recht eigentlich ein Werk des Kurfürsten Moritz nennen. Schon das Augsburger Interim hatte er nicht einfach abzulehnen gewagt. Seine Stellung zur Sache legt die expositio klar dar.[1] Er meinte, er müsse eines von beiden thun: entweder dem Kaiser erklären, das vorliegende Interim enthalte viel Falsches, aber auch manches, das nicht gottlos sei, und er müsse dann sagen, wie weit er nachgeben könne, oder er müsse geradehin dem Kaiser Gehorsam versagen und dann auf Krieg gefasst sein. Er entschloss sich zum Ersteren


  1. Exp. H. h. h. 4.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/129&oldid=- (Version vom 1.10.2017)