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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Kaiser zum Krieg zu reizen, hatte er sie aufgefordert, ihm zu sagen, ob auch Grund genug vorhanden sei, gegen die oberste Gewalt zu den Waffen zu greifen und sein Land in einen gefährlichen Krieg zu verwickeln, bevor man nicht den Versuch gemacht habe, den Kaiser durch Zugeständnisse zu gewinnen.[1] Die Verantwortung des Kriegs wollte er damit auf ihre Schultern wälzen. Vor Uebernahme dieser Verantwortung bebten sie zurück, und die Stellung, welche sie zum Kurfürsten einnahmen, war nun die: was der Kurfürst zum Wohl des Landes und zur Abwehr der drohenden Gefahr zu thun oder zu lassen habe, das, erklärten sie, sei nicht ihre, sondern seine Sache, was er da auch unternehme, sie würden sich ihm nicht hinderlich in den Weg stellen. Glaube er aber auf dem Weg der Zugeständnisse den Krieg vermeiden zu können, so seien sie bereit, ihn in Erzielung aller die evangelische Lehre nicht antastenden Zugeständnisse zu unterstützen, denn sie wollten sich wohl hüten, durch Verweigerung aller Nachgiebigkeit die Fackel des Aufruhrs zu entzünden. Damit war die Gränze bezeichnet, bis zu welcher sie mit dem Kurfürsten gehen würden, zugleich aber auch dem Kurfürsten angedeutet, dass, wenn er über diese Gränze hinausgehe, er keinen Widerstand von ihrer Seite zu fürchten habe.

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 Das Letztere nun ist das Bedenklichste. Sie versprachen für den Fall, dass der Kurfürst Wege einschlüge, welche mit ihrem Gewissen nicht vereinbar wären, sich einfach als Privatpersonen zur Sache zu verhalten. Als Solche waren sie entschlossen, zwar eher zu leiden als dass sie sich zu etwas bewegen liessen, was wider ihr Gewissen gewesen wäre, aber auch zu dem, was der Kurfürst thue, zu schweigen und schweigend es geschehen zu lassen. Dabei sahen sie also ganz ab von dem Beruf, den sie als Diener des göttlichen Wortes hatten, denn der ging doch dahin, ihre Stimme laut zu erheben, wo der Kirche eine Schädigung drohte. Von diesem Beruf aber wollten sie absehen in einer Zeit, in welcher die Kirche von der grössten Gefahr bedroht war, in welcher man vor allem die Geistlichen auf ihrem Platz erwartete


  1. Exp. H. h. h. 4.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.10.2017)