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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

und in welcher Hunderte von Geistlichen, weil sie ihrer Zeugenpflicht und ihres Wächteramtes genügt hatten, in der Verbannung lebten oder im Gefängniss seufzten. Sie mochten immerhin sagen, sie hätten, indem sie zum voraus erklärt hätten, dass sie für ihre Person eher leiden als die Wahrheit verleugnen würden, bewiesen, dass sie nicht durch persönliche Furcht sich in der Stellung, die sie da einnahmen, leiten liessen. War es dann auch nicht persönliche Furcht, welche bewirkte, dass sie dem Kurfürsten so freie Hand liessen, so ging dieselbe doch aus einer Rathlosigkeit hervor, welche eines evangelischen Geistlichen unwürdig war. Sollte denn ein evangelischer Geistlicher nicht zu sagen wissen, was zu thun sei und gethan werden müsse, wenn man den Frieden, oder auch die Existenz nur mit Preisgebung der Wahrheit erkaufen könne?

 Indessen nach der eigenen Ansicht dieser Theologen kam es nicht so weit, dass sich ihre Wege, als die von Privatpersonen, von denen des Kurfürsten scheiden mussten: was dieser erzielte, dazu glaubten sie auch mit gutem Gewissen ihm die Hand bieten zu können, zu Zugeständnissen in adiaphoris.

 Beschränkten sich die Zugeständnisse nun wirklich auf adiaphora, und liessen dieselben sich aus den vorliegenden Umständen rechtfertigen?

 Wir werfen zur Beantwortung dieser Fragen einen Blick auf den Inhalt des Leipziger Interims.

 In ihm haben wir die Lehre und die Kirchengebräuche zu unterscheiden.

 Die lutherische Lehre ist darin der Hauptsache nach erhalten, doch nicht immer in ihrer vollen Reinheit. In den Artikel von der Rechtfertigung hatte man schon in Pegau auf Andringen der Bischöfe einen Satz über die justitia infusa aufgenommen, welcher sich mit dem sola fide, das man auch nicht in das Bekenntniss aufnahm, nicht wohl vertrug.[1]

 In dem Artikel von der Kirche hiess es: „was die wahre christliche Kirche, die im heiligen Geist versammelt, in Glaubenssachen erkennt, ordnet und lehret, das soll man auch lehren


  1. Das Nähere darüber bei Preger l. c. I, 186 sq.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/134&oldid=- (Version vom 1.10.2017)