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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

ihn angeschlossen habe und nun bemüht gewesen sei, ungereimte Meinungen zu beseitigen oder zu mildern, was ihm freilich früh den Vorwurf einer zu grossen Mässigung zugezogen habe;[1] er betont endlich die Anhänglichkeit an die alte Kirche, die er von Jugend auf bewahrt habe, und die es ihm leicht mache, manches von dem, was die Reformation ausgestossen habe, sich wieder anzueignen.

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 Halten wir nun das zusammen mit der anderweitig bekannten Thatsache, dass Melanchthon Luthern sehr ungern in seinem Bruch mit der Römischen Kirche gefolgt ist, und eigentlich von da an seine Stellung eine andere wurde; erinnern wir uns an die auf dem Schmalcalder Convent vom Jahr 1537 kund gegebene Bereitwilligkeit Melanchthons, unter gewissen Bedingungen auch den Papst als obersten Bischof der Kirche anzuerkennen, an seine Stellung zum Cöllner Reformationsentwurf, wo Melanchthon in eine Combination der drei Elemente, des lutherischen, schweizerischen und katholischen willigte; erinnert man sich ferner, dass Melanchthon auch in etlichen Lehrartikeln angefangen hatte, sich von Luther zu entfernen, in der Lehre von der Bekehrung, den guten Werken, vor allem vom Abendmahl, so liegt doch der Gedanke nahe, dass sich bereits ein ziemlich bestimmter Gegensatz zwischen Luther und Melanchthon herausgebildet hat. Melanchthon will der Römischen Kirche gegenüber die Brücke noch nicht abbrechen, er will auch der Schweizer Kirche gegenüber so wenig als möglich eine exclusive Stellung einnehmen, er bringt es auch nicht in allen Punkten der evangelischen Lehre zu bestimmtem Abschluss, und ist darum seiner Natur gemäss mehr geneigt, die Gegensätze zu verwischen, als sie in ihrer Bestimmtheit herauszustellen. Das alles war früher schon bemerkt worden, von dem Kurfürsten,


  1. C. R. VI, 880. Nec movi has controversias, quae distraxerunt rempublicam; sed incidi in motas, quae cum multae essent et inexplicatae, quodam simplici studio quaerendae veritatis, praesertim cum multi docti et sapientes applauderent, considerare eas coepi. Et quamquam materias quasdam horridiores autor initio miscuerit, tamen alia vera et necessaria non putavi rejicienda esse. Haec cum excerpta amplecterer, paulatim aliquas absurdas opiniones vel sustuli vel lenii.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.10.2017)