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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Diese Vorurtheile zu beseitigen, hielt nicht schwer.

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 Calvin hatte noch von Genf aus, kurz vor seiner Vertreibung an Bucer über dessen Einigungsversuche geschrieben: „Ich fürchte sehr, du sinnst auf eine Vereinigung, die mit dem Blut vieler Frommen besiegelt werden müsste. Ich sage das nicht, um das ganze Unternehmen zu missbilligen, sondern weil es mir um eine Eintracht zu thun ist, in der alle Guten mit uns eins werden können. Wie ist das aber möglich, so lange es den Anschein hat, dass Luther irgend eine sinnliche Ueberleitung unseres Fleisches in Christi Fleisch oder seines Fleisches in unser Fleisch behaupte, oder die Anerkennung der Allenthalbenheit seines Leibes und seiner räumlichen Gegenwart bei der heiligen Handlung von uns fordre. Wenn Luther auf Grund jenes Bekenntnisses, das wir in Bern abgelegt, sich mit uns vereinigen will, so wüsste ich nichts, das mich mehr erfreute; im anderen Fall aber können wir doch nicht um eines einzigen Mannes willen alle Anderen darangeben ... Gibst Du Luthern in allen Punkten Recht, so ist das weder ein Einswerden, noch ein Aufrechterhalten der Wahrheit.. Darum wende vielmehr Deinen Einfluss auf Luther dazu an, dass er in den Stücken selber der Wahrheit die Ehre gibt, in denen er sich bisher offenbar dagegen verfehlt hat. Darauf hätte man von Anfang an dringen sollen, dass ein Jeder seinen Irrthum erkenne und anerkenne, und ich gestehe Dir offen, dass mir die Künsteleien keineswegs gefallen haben, mit denen Du Dich selbst und Zwingli dem Luther gleichsam anzupassen und vor ihm zu entschuldigen suchtest. Diess kann nicht der Weg sein, der zum Ziel führt. Verlangst


    irgend ein Zugeständniss in der Abendmahlslehre, auf irgend eine Union abzuzielen schienen. Calvin wurde einfach unter die Strassburger gerechnet, die immer und nach allen Seiten hin vermitteln wollten und seine ersten Annäherungsversuche mit dem Bemerken beantwortet: man habe diese Erörterungen mehr als satt; sie liefen am Ende auf unendliche Künste hinaus, durch welche die reine Lehre getrübt werden solle. Dass er dennoch nicht davon abliess, dass man hörte, was er und seine Freunde auch mit den Deutschen verhandelten, vermehrte nur das Misstrauen; mit einer gewissen eigenthümlichen Geringschätzung schrieb und redete man unter den Zürichern von den „unruhigen Wälschen,“ die immer etwas Neues wüssten und wollten, und unter dem Vorwande der Friedensstiftung alles in Verwirrung brächten.“

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/154&oldid=- (Version vom 1.10.2017)