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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Du von den Schweizern, dass sie ihren Eigensinn ablegen: nun, so wirke auch bei Luther dahin, dass er sich nicht mehr so hochmüthig und rechthaberisch geberde.“[1]

 Dass Calvin nicht in bedenklicher Nähe zu Luthers Lehre stehe, dafür sind diese Aeusserungen Zeugniss genug, eben so dafür, dass er um einer Einigung willen der Lehre nichts zu vergeben gewillt war. Freilich gewann er aber während seines Aufenthaltes in Strassburg (von 1538 an) ein etwas anderes Urtheil über die Unionsbestrebungen Bucers wie über den persönlichen Charakter dieses Mannes. Er lernte ihn schätzen und lieben, und war von da an bemüht, die Schweizer von dem Vorurtheil, das sie gegen ihn hatten, zurückzubringen.[2] „Ich habe schon lange bemerkt, schreibt er in späterer Zeit an Bullinger,[3] dass der Verkehr, in dem wir mit Bucer stehen, wie ein erdrückendes Gewicht auf uns lastet. Aber ich bitte Dich, wie könnten wir unsere Sache von der dieses Bruders trennen, da er ja dasselbe Bekenntniss unterzeichnet hat, das ich abgelegt? Ich will Dich hier nicht an seine mannigfaltigen und seltenen Tugenden erinnern; aber das ist mir gewiss, dass ich der Kirche Gottes eine schwere Kränkung zufügen würde, wenn ich ihn jemals hasste oder verachtete. Ja in einem solchen Maasse liebe und verehre ich ihn, dass ich ihn auch frei heraustadle und ermahne, wo ich es am Platze finde ... Oder meinst Du etwa, meine Freundschaft mit Bucer übe einen ungehörigen Einfluss auf meine Ueberzeugungen? Es mag so scheinen, aber ich versichere Dich, dass es in der That nicht im Geringsten der Fall ist und dass Ihr also wahrlich keine Ursache habt, über unseren Verkehr mit einem Manne zu zürnen, der in jedem Sinne als ein Freund und Bruder anerkannt werden muss.“

 Er scheint jetzt auch von der Befürchtung, dass Bucer eine Einigung um den Preis der Wahrheit zu erzielen suche, zurückgekommen zu sein, denn er redet diesen Unionsbestrebungen jetzt das Wort. Er thut es unter anderem in einem Brief, den er


  1. l. c. I, 200.
  2. cf. H. Bullinger von Pestalozzi p. 245
  3. Stähelin, J. Calvin II, 117.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/155&oldid=- (Version vom 1.10.2017)