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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

von Strassburg aus (am 19. Mai 1539) an den Prediger Zebedäus in Orbes (Bern) schrieb.

 Dieser Brief ist sehr instruktiv. Aus ihm geht hervor, dass Calvin jetzt der Meinung ist, man sei in dem Misstrauen gegen Bucer und so auch in dem gegen Luther zu weit gegangen. Er meint, eine Concordie lasse sich schliessen auf Grund des Bekenntnisses einer Theilnahme der Gläubigen im Abendmahl an Leib und Blut Christi, und er glaubt, dass Luther damit übereinstimme; deutet aber freilich auch an, dass, wenn Luther weiter gehen wollte, man sich von ihm lossagen müsste.[1]

 Diese Aeusserungen stehen nicht in Widerspruch mit den zuvor mitgetheilten, welche die Befürchtung ausdrückten, dass Bucer zu viel nachgeben möge. Calvin ist jetzt für die Concordie, weil er sich überzeugt hat, dass Bucer die rechte Linie eingehalten hat. Er hatte sonach nach dieser Seite hin, noch bevor er wieder nach Genf zurückkehrte, dafür Sorge getragen, dass der Verdacht, als neige er sich zu viel zu den Unionsvorschlägen Bucers, nicht Raum fassen konnte.

 Nehmen wir aber die Aeusserungen hinzu, welche Calvin in dem früher mitgetheilten Brief an Bucer über Luthers Lehre vom Abendmahl, und welche er in dem letzt angeführten Brief über Zwinglis Lehre gethan hat, so erfahren wir daraus auch die Stellung, welche er zu der Abendmahlslehre dieser beiden Männer einnimmt. Er geht mit dem Ersteren, wenn er annehmen darf, dass sich derselbe an der Theilnahme der Gläubigen an dem Leib und Blut Christi genügen lässt, würde sich aber von ihm lossagen, wenn er eine sinnliche Ueberleitung von Christi Fleisch in unser Fleisch behauptete, oder wenn er die


  1. Der Brief mitgetheilt von Henry, das Leben Joh. Calvins I. Beilage 7 „Si quid putamus fuci esse in Martino, cur non illum penitus excutimus? Concedamus simpliciter, quod scriptum docet, vel illum, velit, nolit, in lucem attrahemus vel tergiversari certe non poterit, quin prodat, si quid intus alat veneni.. At nos, si Deo placet, quia nondum bene habemus exploratum ejus sensum, ne videamur ei aliquid assentiri, verum quoque fateri exhorrescimus. Quid periculi esset, si diserte de corporis et sanguinis Domini participatione, quam fideles in coena recipiunt, scriberetur confessio? Atque autem eam amplexari Martinus cogeretur aut merito illum valere juberemus.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/156&oldid=- (Version vom 1.10.2017)