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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

bis zu diesem Jahr reichte aus, um die lutherischen Theologen über den Stand der Abendmahlsfrage und ihr Verhältniss zu den Reformirten zu orientiren.

 Von zwei Seiten hatte man entschieden mit der Concordie gebrochen, Calvin und Peter Martyr hatten es gethan. Calvin aber hatte im consensus Tigurinus eine Auffassung vom Abendmahl geltend gemacht, welche allgemach das Bekenntniss aller Reformirten wurde. Jetzt konnte niemand sich mehr der Täuschung hingeben, dass noch eine Concordie bestehe. Wären lutherische Theologen vor diesem Ereigniss so aufgetreten, wie Westphal jetzt auftrat, so hätte man ihnen einen Vorwurf daraus machen können. Man hätte sagen können, sie hätten noch zuwarten sollen, bis sich die Sache geklärt habe. Darum war es vielleicht ein Glück, dass durch das Interim und durch die Zwistigkeiten, welche unter den lutherischen Theologen ausgebrochen waren, das Augenmerk von der Abendmahlslehre abgelenkt worden war. Jetzt war sie in ein Stadium getreten, welches allen Zweifel über das gegenseitige Verhältniss ausschloss.

 Aber nicht nur die Concordie war gebrochen, sondern die Reformirten hatten jetzt auch eine einheitliche Abendmahlslehre gewonnen, für die sie, und das ist das Neue, auf das wir noch aufmerksam zu machen haben, eifrig Propaganda machten, und mit der sie die Lehre Luthers zu verdrängen suchten. Calvin that das unverhohlen. Er schrieb schon 1551, noch vor dem Druck des consensus, an Bullinger,[1] er hoffe, die Herausgabe desselben werde auch für die sächsischen Kirchen von grossem Nutzen sein. Peter Martyr aber hatte ihm geschrieben, es seien auch viele sächsische Pastoren der gleichen Ansicht wie die Schweizer,[2] was den Calvin dann noch 1556 bewog, eine Schrift, deren wir später zu gedenken haben, „den Dienern Christi in den Kirchen von Sachsen und Niederdeutschland“ zu widmen.

 Und diese Bemühungen waren auch in der That nicht vergeblich. Es hatten nicht wenige Theologen Deutschlands ein Gefallen am consensus. Von Melanchthon erzählt Lavater: „ich


  1. H. Bullinger von Pestalozzi p. 386.
  2. Joachim Westphal u. J. Calvin von Mönkeberg. Hamburg 1865. p. 65.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.10.2017)