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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

nichts gehalten zu haben.[1] Er entfernte beide als Urheber der Unruhen, und liess ihnen noch ein Paar Andere nachfolgen, dann wendete er sich an Melanchthon und bat ihn um ein Gutachten über die Vorgänge in Heidelberg und seine Maassregeln.

 Man findet zumeist diesen Schritt ganz den Umständen angemessen. Salig sagt: „ein jeder christliche Leser erwäge doch unparteiisch die bisherige Erzählung, die gottlose Aufführung der Theologen, und wie sich der Kurfürst dabei verhalten, ob ers wohl anders machen können, als ers gemacht? Da der eine „in“, der andere „mit“, der dritte „unter“, der vierte alles dreies, bald einer das Wort „wesentlich“, dann wieder ein anderer „leiblich“ aufbrachte, und dem Verräther Judas ebensowohl als den anderen Aposteln ein wahres leibliches Geniessen zuschrieb: konnte wohl ein grosser Herr sich die Mühe nehmen, die Zänkereien zu untersuchen und zu sagen, der hat Recht und jener Unrecht? War es nicht löblicher, wenn er Frieden gebot, auf die Augsburgische Confession verwies, und die Zänker von beiden Seiten, wenn sie keinen Frieden halten wollten, ihrer Dienste entliess?“[2]

 Man muss anerkennen, dass die Lage der Dinge so war, dass sie den Kurfürsten, der ja kein Theologe war, verwirren konnte. Aber sie war durch Schuld der Cryptocalvinisten eine so verwirrte geworden. Weil diese ihren Sinn in die Augustana hineinzutragen suchten, waren die Lutheraner genöthigt worden, den wahren Sinn der Augustana in andere Ausdrücke zu fassen, und der Kurfürst hätte immerhin durch das Bekenntniss, welches Heshus ihm schon am 1. September übergeben hatte, eines besseren belehrt werden und einsehen können, dass ein aufrichtiger Lutheraner bei der von ihm vorgeschriebenen Formel sich nicht beruhigen könne. Heshus hatte in diesem Bekenntniss klar auseinandergesetzt, warum und in welchem Sinn die Lutheraner die Ausdrücke in und cum brauchten, und hatte


  1. Salig (III, 458) führt, wohl aus einem Brief, die Worte an: Tigurinis electorem non tribuere, quod sunt boni. Belege dafür, dass der Kurfürst damals noch nicht mit der lutherischen Kirche zu brechen gedachte, bei Kluckhohn p. 27–29.
  2. Salig ibid. p. 459.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/232&oldid=- (Version vom 1.10.2017)