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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

erklärt, dass er damit bei der Augustana bleibe, wenn man sie nur in dem Verstand nehme, wie Luther sie oft erklärt habe.[1] Doch wollen wir dem Kurfürsten keinen so grossen Vorwurf daraus machen, dass er sich einer Verwirrung nicht entzogen hat, in welche damals so Viele verstrickt waren, einen um so schwereren Vorwurf müssen wir, so schwer es uns ankommt, gegen Melanchthon erheben, dass er durch sein Gutachten (vom 28. Octbr.) den Kurfürsten in seiner Stellung zur Sache bestärkt hat. Er billigt es, dass der Kurfürst beiden streitenden Theilen Stillschweigen auferlegt hat, und sein Rath geht dahin, dass man über eine bestimmte Formel übereinkomme. Für die geeignetste hält er die Worte des Apostel Paulus (1 Cor. 10, 16) und erklärt diese so, dass die Ausdrücke: panem esse substantiale – esse verum corpus Christi ausgeschlossen sind, nicht beachtend, dass Luther selbst in seinem letzten Bekenntniss vom Abendmahl gesagt hatte: panis D. in coena est ipsum naturale corpus Christi. Den


  1. Dieses Bekenntniss ist das Jahr darauf mit dem Bekenntniss der Bremer Prediger gedruckt worden. Heshus sagt darin: „Wir können bessere Form nicht brauchen, denn Christus und Paulus gebraucht haben, nemlich: das Brod im Abendmahl ist der Leib Jesu Christi. Der gesegnete Kelch ist die Gemeinschaft des Leibes Christi.. Dass man in unseren Kirchen auch sagt, cum pane oder in pane .. ist recht geredet, und geschieht darum, dass man nicht gedenke, das Brod verliere sein Wesen .. Und zwar die Calvinisten brauchen auch die phrasin „mit dem Brod,“ wollten aber gern ein cothurnum daraus machen, der Zwingli und Lutheri Fuss eben gerecht wäre. Und deuten es also: mit dem Brod, d. i. durch das Mittel empfangen wir die geistliche Niessung des Leibes Christi, allerding gleich, wie durch die Predigt des Evangelii, welche Deutung ich ganz verwerfe. Denn mit dem Brod gilt mir so viel als im Brod, d. i. zweierlei empfange ich im Abendmahl: erstlich Brod und Wein, das ich sehe, fühle und schmecke; dazu empfange ich im Brod und Wein, d. i. wenn ich das gesegnete Brod esse und den gesegneten Wein trinke, so esse ich und trinke ich den Leib und das Blut Jesu Christi, nicht allein allegorice, metonymice, geistlich, sondern auch leiblich und wesentlich mit dem Munde, wiewohl ichs nicht fühle, noch mit einigen Sinnen empfinde... Die Calvinisten wollen nicht bekennen, dass der Leib Christi substantialiter, wesentlich, im Abendmahl gegenwärtig sei, sondern die Gottheit Christi und das Verdienst, die Kraft und Wirkung, die Gnade und der Geist Christi sei nur da. Wenn sie sagen: Christus ist wesentlich im Abendmahl, verstehen sie per communicationem idiomatum allein von der Gottheit. Aber ich bekenne, dass der Leib Christi im Abendmahl gegenwärtig sei..
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/233&oldid=- (Version vom 1.10.2017)