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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Schwiegervater, von weiteren Schritten in dieser Richtung abzuhalten. Mit Mühe brachte er es dahin, dass der Kurfürst sich von ihm zwei lutherische Theologen schicken liess, welche mit kurfürstlichen Theologen über das Abendmahl disputiren sollten. Der Herzog hätte sich und seinen Theologen die Mühe ersparen können. Denn nicht schickte er sie, um den kurfürstlichen Theologen zu beweisen, dass ihre Lehre vom Abendmahl eine unlutherische sei, sondern den Beweis für die Wahrheit und Schriftmässigkeit der lutherischen Lehre sollten sie zu liefern sich anheischig machen. Auf eine Disputation auf diesen Grundlagen liessen sich die Cryptocalvinisten um diese Zeit ganz gern ein, ja eine solche wollten sie gerade: denn dadurch trat die Frage, wie sie zu dem lutherischen Bekenntniss stünden, zurück hinter die, welche Lehre überhaupt die wahre sei, und wo ist man je bei einer Disputation mit dieser Frage zu einem Ziel gekommen? So war es auch hier. Die sächsischen Theologen, welche der Herzog geschickt hatte, waren Mörlin und Stössel. Sie stellten 24 Thesen auf, in denen sie die lutherische Lehre darlegten. Die kurpfälzischen Theologen waren durch Peter Boquin vertreten, welcher die uns schon bekannten Thesen des Klebitz sich aneignete. Fünf Tage lang, vom 3. Juni 1560 an, wurde disputirt.[1]

 Zum Eingang bemerkte zwar Stössel, der sächsischer Seits das Wort führte, dass die Thesen Boquins die Zwinglische Lehre enthielten, und nicht mit der Augustana stimmten, aber gleich erwiederte Boquin, sie seien nicht zusammengekommen, um über Zwingli zu streiten, sondern über die Frage, ob die Thesen wahr seien oder nicht. Da wurde denn, am längsten, über die Frage gestritten, ob die Einsetzungsworte im eigentlichen Sinn aufzufassen seien: ohne Erfolg über diese Frage, wie über die von dem mündlichen Genuss des Leibes Christi und über den Genuss der Ungläubigen.

 Unverrichteter Sache zog der Herzog mit seinen Theologen ab, der Kurfürst aber ging raschen Schritts auf der betretenen


  1. Die Thesen und die aber nicht ganz vollständigen Akten des colloquii in Wigand, de sacramentariismo. p. 440.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/236&oldid=- (Version vom 1.10.2017)