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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Kirchentypus aufrecht erhalten worden ist? Es ist schwer auf diese Frage zu antworten, da die, welche sie angeregt haben, in ihren Behauptungen nicht übereinstimmen. Heppe[1] sagt von dem Heidelberger Catechismus, er enthalte nichts Neues, nichts Calvinisches, und meint, bei der neuen Kirchenordnung habe das geheime Streben nach einer gewissen Conformation mit calvinischen Institutionen nur in untergeordneter Weise mitgewirkt. Ebrard[2] aber gibt dem Brenz sehr Recht, wenn dieser von dem Catechismus sagt, er sei völlig calvinisch, findet aber zu gleicher Zeit in Betreff des Abendmahls die calvinisch-melanchthonische Lehre in aller Schärfe und Klarheit darin ausgesprochen, und behauptet, im kirchlichen Leben habe sich der Typus der deutsch-reformirten d. h. melanchthonisch-reformirten Kirche ausgebildet, in welcher sich eine höhere Einheit zwischen lutherischem und calvinischem Kirchenwesen darstelle. Das modificirt er aber (in seinem Handbuch der Kirchen- u. Dogmengeschichte III, 216) dahin: der Heidelberger Catechismus sei weder eine blosse Darstellung des Frankfurter Recesses und Philippismus, noch „ein Abfall oder Uebertritt zum Calvinismus“, sondern „eine Fortentwicklung der in Deutschland von Anfang an (von Butzer her) vorhanden gewesenen deutsch-reformirten (oberländischen), vermöge der Wittenberger Concordie berechtigten, jetzt in der Pfalz seit 1560 allein vertretenen Lehre von ihrer verhüllten philippistischen Form zu ihrer explicirten und bewussten Darstellung. Mit Calvins Lehre sei diese Lehre allerdings identisch, sei aber nicht von Calvin und Genf aus jetzt erst in die Pfalz hereingekommen, sondern habe daselbst von Anfang an Heimathrecht gehabt.“

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 Da steht Ebrard der Wahrheit wenigstens näher als Heppe, es ist der Streit mit Beiden aber ein ziemlich unnützer. Dass die Kirchenordnung den calvinischen Typus an sich trägt, läugnet keiner von Beiden, und dass der Heidelberger Catechismus eine Lehre vom Abendmahl bekennt, welche jeder Reformirte als die seinige anerkennt,[3] kann auch niemand in Abrede stellen. So


  1. I. p. 446.
  2. Lehre vom Abendmahl p. 604.
  3. Olevian an Bullinger bei Uebersendung des Catechismus 14. April 1563: „Gewiss, wenn irgend Durchsichtigkeit sich darin findet, so haben wir ein [216]
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/239&oldid=- (Version vom 1.10.2017)