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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

hätten. Hier aber, in der Pfalz, bekannte man sich, wenn nicht dem Namen, doch der Sache nach zum Calvinismus, war jedoch so wenig gewillt, seinen Platz in der lutherischen Kirche aufzugeben, dass man vielmehr die hinausdrängte, welche an dem lutherischen Bekenntniss festhielten, und sich dafür auf die Augustana berief. Und der Augustana gab man, wie wohl zu beachten ist, nicht nur die Deutung, dass sie der Lehre, zu welcher man sich jetzt bekannte, nicht zuwider sei, sondern die, dass sie die Lehre, welche die Lutheraner die lutherische nannten, ausschliesse. Was sollte da aus der lutherischen Kirche werden, wenn die in Deutschland zerstreuten Cryptocalvinisten sich diese Vorgänge zu Nutze machen wollten! In ihrem ganzen Bestand also war die lutherische Kirche dadurch bedroht. So sahen es lutherische Theologen und sahen es lutherische Fürsten an.

 Man kann es Beiden nicht verargen, wenn sie in hohem Grade entrüstet waren, man muss aber in dem Urtheil über die Theologen der Pfalz und in dem über den Kurfürsten unterscheiden. Die Ersteren konnten unmöglich ehrlich und aufrichtig glauben, dass sie mit ihrer Lehre auf dem Boden der Augustana standen, das erkennt auch Planck[1] an, anders scheint es bei dem Kurfürsten gestanden zu haben. Wenigstens seine ersten Schritte und Verfügungen scheinen mit einer gewissen Unbefangenheit geschehen zu sein, wirklich in dem Glauben, dass er damit nichts gegen die lutherische Kirche unternehme. Das lässt sich auch recht wohl erklären.

 Friedrich, der noch, als er 1537 in die Ehe trat, dem katholischen Glauben, welcher der seines Vaters, des Pfalzgrafen Johann II., war und blieb, zugethan war, hat sich zwar bald darauf zum evangelischen Glauben bekannt, wohl unter dem Einfluss seiner Gemahlin Maria, der Tochter des Markgrafen Casimir von Brandenburg-Culmbach, einer dem lutherischen Glauben eifrig ergebenen, klugen Frau, und hat diesen von da an in einem frommen Herzen bewahrt und gepflegt. Aber er war mit dem lutherischen Glauben doch gerade zu der Zeit bekannt geworden, als die Gegensätze zwischen den Lutheranern


  1. Planck II, 2. p. 355.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/241&oldid=- (Version vom 1.10.2017)