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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Es ist unschwer zu sehen, worin nach dieser Auffassung der Fehler der Verfasser der Concordienformel lag. Er lag darin, dass sie jenen Standpunkt der reicheren Ausbildung der Lehre vom heil. Abendmahl, auf den sich die reformirte Kirche doch bald gestellt haben soll, unbeachtet liessen und von der Fiction ausgingen, als wäre der Gegensatz gegen die reformirte Kirche noch derselbe, in dem sich Luther gegen die vom Jahr 1524 vorgetragene Lehre Zwinglis gewusst habe. Diese Auffassung der Dinge hatten sie von den Theologen überkommen, „welche, enger um Luthers Namen sich schaarend, Melanchthon entgegen waren und ohne Luthers Geist sich bemühten, Luthern buchstäblich zu folgen.“ Dieser Auffassung hätten aber beide um so weniger zufallen sollen, als Anzeichen vorliegen, dass Luther sie um diese Zeit nicht zu der seinigen gemacht haben würde. War Luther doch die Wittenberger Concordie eingegangen, „welche man als die Urkunde betrachten darf, durch die zum Voraus ein Standpunkt in der Lehre vom Abendmahl, wie er später durch Calvin in den reformirten Kirchen der herrschende geworden ist, noch von Luthern selbst als ein solcher anerkannt wurde, mit welchem eine brüderliche Gemeinschaft christlich zulässig sei“: denn dass Luther sieben Jahre später in seinem „kleinen Bekenntniss vom Abendmahl“ wieder plötzlich in heftiger Aufwallung gegen die Schweizer auftrat, darf nicht irre machen. Das geschah, „weil die Schweizer um einer zweideutigen Formel Bucers willen die Concordie nicht unterschrieben hatten und Luther darum mit seinem früheren Entgegenkommen nichts erreicht zu haben glaubte und jetzt nur auf entschiedenste Abgrenzung der eigenen Lehre gegen den Spiritualismus und gegen Zwingli bedacht war. Zudem hatte Luther sich damit nicht gegen den Lehrtypus, der später bei den Reformirten durch Calvin der herrschende wurde, und schon 1549 in Zürich selbst durch den Consensus Tigurinus Annahme fand, gekehrt.[1]

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 So die Einen. Die Andern theilen mit ihnen die Meinung, dass Luther an der herben Stellung, welche er zur Lehre der Reformirten eingenommen, nur festgehalten habe, weil er übersehen,


  1. Dorner, l. c. p. 327.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/26&oldid=- (Version vom 1.10.2017)