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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

über die Heidelberger Vorgänge habe erfahren müssen. Er setzt darin voraus, dass Melanchthon recht lutherisch gelehrt habe.[1] Derselbe Eber erhielt bald Gelegenheit, sich über die Lehre selbst zu äussern. Der Kurfürst forderte von den Wittenbergischen und Leipziger Theologen im December 1560 eine Erklärung über ihre Lehre vom Abendmahl, und Paul Eber übernahm die Abfassung derselben.[2] Die Erklärung, die er im Namen der Wittenberger und Leipziger gab, war wohl dazu angethan, einen Fürsten zu täuschen, einen Theologen konnten sie nicht täuschen. Dem Fürsten konnten sie genügen, indem sie das Bekenntniss ablegten, dass man im Abendmahl bei dem Genuss von Brod und Wein auch den wahren und wesentlichen Leib Christi empfange; und indem sie sich ausdrücklich gegen die erklärten, welche die wahre und wesentliche Gegenwärtigkeit des Leibes Christi im Abendmahl läugneten, denn der Kurfürst erblickte darin die Verwerfung der Zwinglischen Lehre, die er wohl allein nur kannte. Ihm konnte es bei seiner Kenntniss der Sache verwunderlich erscheinen, dass man sie darum anfeinde, weil sie sich den Ausdruck nicht aneignen wollten, das Brod sei wesentlich der Leib Christi und werde mit dem Munde genossen. Von der Lehre von der Ubiquität des Leibes Christi hatte er aber wohl überhaupt noch wenig gehört, und sie schilderten ihm diese „neue Lehre“ so, dass er wohl gegen sie eingenommen werden musste: denn nach ihrer Darstellung war die Lehre nahe verwandt mit der Transsubstantiations-Lehre.

 Dem kundigen Auge konnte es aber nicht verborgen bleiben, dass sie die wahre und wesentliche Gegenwärtigkeit des Leibes Christi nur im Sinne Calvins auffassten: denn, wie er, erklärten auch sie sich gegen das in pane, gegen den Genuss von Seite der Ungläubigen und gegen die Ubiquität.

 Der zweite Anlass, sich officiell zu äussern, war durch Vorgänge


  1. Die Vorrede in Pezel’s consilia Melanchthonis. II, 381.
  2. Die Erklärung im Auszug bei Salig III, 657. Lateinisch wurde sie 1575 in Heidelberg gedruckt, und diese nahm Hospinian in seine hist. sacramentaria auf. II, 291. Planck glaubt aber, der Kurfürst habe sie, bevor er sie den Fürsten mittheilte, von seinen Theologen noch etwas verändern lassen. II. 2, 455.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/268&oldid=- (Version vom 1.10.2017)