Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/279

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

kamen, machen es unmöglich, die Erklärung so arglos hinzunehmen, und Planck wird nicht so Unrecht haben, wenn er darauf aufmerksam macht, dass sie sich damit geholfen, dass sie den Heidelbergern eine falsche Meinung angedichtet hätten. Die Lehre nemlich, welche sie als die Heidelberger ausgaben, war doch die Zwinglische: denn dass die Sacramente nur nuda signa seien, sagte doch nur Zwingli und nicht auch Calvin. Vom lutherischen Standpunkt aus kann man nun freilich sagen und hat man gesagt, trotz aller Verhüllungen komme auch Calvin über die nuda signa nicht hinaus, allein man ist aus den früheren Erklärungen zu der Annahme berechtigt, dass die Wittenberger den Calvin günstiger auslegten. Indem sie nun in diesem Gutachten den Heidelbergern nur die Zwinglische Ansicht unterlegten und sich so ausdrückten, als wenn sie das auch für die Ansicht Calvins hielten, blieb ihnen doch noch möglich, die positiven Ausdrücke, deren sie sich bei Darlegung ihrer Lehre bedienten, im Sinne Calvins zu deuten. Eine Zweideutigkeit ihnen Schuld zu geben, muss man sich dann freilich entschliessen.

.

 Schöpfte nun aber der Kurfürst aus diesem Gutachten keinen Verdacht, so natürlich noch weniger aus dem, welches er ihnen über einige, ihm von dem Herzog Christoph von Würtemberg zugeschickte, Schriften von Brenz und Andreä abforderte.[1] Sie theilten mit Melanchthon die Abneigung gegen die Ubiquitätslehre, aber das durften sie dem Kurfürsten kecklich sagen, denn über den Zusammenhang dieser Lehre mit der Abendmahlslehre war er natürlich nicht unterrichtet, und dieser liess sich daran genügen, dass sie, ohne sich aber näher darüber zu erklären, versicherten, mit den Würtembergern in der Lehre von der Gegenwart des Leibes Christi im Abendmahl übereinzustimmen. Die Würtemberger freilich wiesen ihnen in ihrer Censur des ihnen zu Handen gekommenen Gutachtens[2] nach, dass ihre Lehre von der Person Christi die gleiche sei wie die der Schweizer,


  1. Die Schriften waren ohne Frage die aus den Jahren 1562 u. 64, welche sich auf die Ubiquität bezogen.
  2. Das Gutachten der Wittenberger (vom 25. April 1564) bei Hutter, conc. conc. p. 49 sqq. Die Censur der Würtemberger, unterschrieben von Brenz und Andreä, ibid. p. 61 sqq.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/279&oldid=- (Version vom 1.10.2017)