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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

dass diese Lehre aber die Möglichkeit einer leiblichen Gegenwart Christi im Abendmahl ausschliesse. So, meinten sie, möchte auch die Wittenberger Confession von der Gegenwärtigkeit Christi ein „Cothurnus“ sein. Sie sprachen sich ferner sehr ungehalten darüber aus, dass sie die Lehre von der Ubiquität eine neue Lehre nannten und dass sie so wenig achtungsvoll über Luther sich äusserten.

 Es trat nun eine Zeit ein, in der die Wittenberger ungedrängt blieben, ja in der ihre Stellung bei dem Kurfürsten eine festere wurde. Peucer setzte sich gerade jetzt in dem Vertrauen des Kurfürsten fester, die Wittenberger erhielten Verstärkung an den Theologen Pezel, Caspar Cruciger jun. und Widebram (der letztere kam an Stelle des 1569 gestorbenen Eber), und diese drei nebst Peucer waren jetzt weniger vorsichtig, als es Major und Eber gewesen waren. Es gelang jetzt, den Kurfürsten gegen die Flacianer einzunehmen und ihn glauben zu machen, diese seien es, welche seine Wittenberger Theologen grundlos in üblen Ruf gebracht hätten. Durch die Haltung der herzoglich sächsischen Theologen auf dem Colloquium zu Altenburg (1568) wurde der Kurfürst noch mehr verstimmt, so dass er 1569 ein Mandat erliess, dem zufolge seine Geistlichen sich verpflichten mussten, gemäss dem corpus doctrinae Misnicum zu lehren, und die Flacianischen Irrthümer zu verwerfen.[1] Dieses corpus doctrinae galt von früher her für das Normativ in Kursachsen und war den Wittenbergern sehr genehm, denn dasselbe enthielt die Melanchthonischen Schriften, an welche sie sich bequem anlehnen konnten. Und das wurde jetzt ihre Taktik, sich immer auf dieses corpus Misnicum zu berufen. So als Jakob Andreä 1569 mit seinen Bestrebungen, eine Concordie zu erzielen, begann. Nur mit Zurückhaltung äusserten sie sich über die von ihm gemachten Vorschläge, und immer zogen sie sich auf dieses corpus doctrinae zurück.[2]


  1. Gieseler, Kirchengeschichte III, 2. p. 253.
  2. cf. die Antwort Ebers und G. Majors auf die Vorschläge des Andreä bei Hutter 1569 c. c. p. 105 sq. und die Antwort, welche dieselben Theologen ihm 1570 gaben, ibid. p. 118 sq.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/280&oldid=- (Version vom 1.10.2017)