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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

sind, und da das Zeugniss Vögelins für die Autorschaft des Curäus wenigstens negativ dadurch bestätigt wird, dass von den in Haft genommenen Theologen keiner der Autorschaft geständig war, so kann man eben so wenig an den früher gang und gäben Annahmen festhalten. Lassen wir es also dahin gestellt sein, wer der Verfasser war, und wenden wir uns der Frage zu, was denn den Buchhändler Vögelin bewogen habe, die Schrift herauszugeben; und zwar so, dass man den Verfasser und den Drucker an ganz anderem Ort suchen sollte. Vögelin hat sich nemlich das Papier zur Schrift aus Frankreich holen lassen, „damit man sollte dafür halten, dass es ein ausländischer Druck sei“, und hat die Schrift selbst corrigirt und die corrigirten Druckbogen dann verbrannt, damit der Ort, wo sie gedruckt wurde, verborgen bleibe. Die Schrift selbst aber wurde in der Stille verbreitet, nicht durch den Buchhandel, sondern auf Privatwegen. In Leipzig wurden gar keine Exemplare verkauft, wohl aber viele verschenkt, in Wittenberg wurde die Schrift durch die Professoren unter den Studirenden verbreitet. Das alles ist auffällig.

 Vögelin hat freilich das zu rechtfertigen und zu erklären versucht.

 Als Grund der Herausgabe giebt er das Interesse an, das er an dem Abendmahlstreit genommen, und beruft sich zur Bezeugung seines Interesses an theologischen Fragen auf seine vierzehn Jahre zuvor unternommene Herausgabe des Corpus doctrinae, welches der Kurfürst doch erst später in seinen Landen eingeführt habe. Als die Gründe seines heimlichen Verfahrens gibt er aber diese an: er habe voraussehen können, dass die Schrift heftig würde angefochten werden, und habe geglaubt, der Aufnahme der Schrift selbst Eintrag zu thun, wenn bekannt würde, dass die Herausgabe von einem Laien ausgegangen sei, da „leider in der Kirche dieser Brauch wieder einreissen wolle, dass sich sonst niemand um die theologischen Händel sollte anmaassen, als nur die Theologi.“ Den Autor endlich, gibt er an, habe er nicht nennen dürfen, da er sonst sich und den Wittenbergern Verlegenheiten bereitet hätte: denn da die Schriften des Curäus seiner Zeit in Wittenberg und Leipzig erschienen waren, hätte man zu leicht auf Wittenberg oder Leipzig als Druckort gerathen.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/292&oldid=- (Version vom 1.10.2017)