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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

gefragt worden, und da habe er dann, gedrängt, alles auf den Curäus, der ausser Lands gewesen, geschoben.

 Hatte sich die Autorschaft der Wittenberger damals so genau herausgestellt, dass Löscher sich der Beibringung der Beweise glaubte überheben zu dürfen, oder hat man vorschnell als bewiesen angenommen, was noch nicht genugsam bewiesen war?

 Ein Anzeichen finde ich doch, dass Löscher der Sache nicht genau nachgegangen ist. Er berichtet nemlich, ein Schlesischer Candidat der Medicin, Joachim Curäus, habe „die Sorge über sich genommen, als hätte er das Buch selbst gefertigt.“ Er selbst nennt einen Curäus, wie Vögelin einen nennt, er aber sagt von demselben: „er war ausser Landes“, rechnet ihn also noch unter die Lebenden, während Vögelin seinen Curäus als einen bereits Verstorbenen bezeichnet. Aber auch diess berichtet Löscher, ohne gewahr zu werden, dass er selbst denselben kurz zuvor als einen Lebenden bezeichnet hatte.[1]

 Das ist doch eine nicht geringe Ungenauigkeit, und erweckt den Argwohn, dass man eben damals den Aussagen Vögelins keinen Glauben geschenkt hat, ohne bestimmte Beweise gegen seine Aussage zu haben.

 Es ist unter diesen Umständen schwer eine Entscheidung zu treffen. Positive Beweise liegen für keine der beiden Behauptungen vor, denn die Aussage Vögelins wird man nicht als positiven Beweis anführen wollen. Vögelin ist in der ganzen Sache so verfahren, dass er für sein Zeugniss nicht unbedingt Glauben in Anspruch nehmen darf. Die Versuchung, einen anderen als Autor vorzuschieben, lag nahe genug. Steckte er, was wenigstens möglich und was uns wahrscheinlich ist, mit den Wittenbergern unter Einer Decke, so hatte er mit ihnen ein Interesse, den Verdacht von ihnen als den Verfassern abzulenken. Konnte er glauben machen, dass ein Ausländer, und noch dazu ein Verstorbener, der Autor sei, so hatte er sich und den Wittenbergern damit gedient.

 Indessen, da von der anderen Seite auch keine positiven Beweise für die Autorschaft der Wittenberger beigebracht worden


  1. Wigand l. c. 409 b. ist der Genauere, denn er sagt von dem Autor: eum esse mortuum.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/291&oldid=- (Version vom 1.10.2017)