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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

darum das heilige Abendmahl, welches das Pfand und das Siegel derselben ist. Christus bezeugt da durch ein gewisses Pfand, dass er den Gläubigen allezeit gegenwärtig sein, sie mit seligem Leben erfüllen und ihre Leiber dereinst zu ewigem Leben auferwecken will. Diese Gegenwart Christi in uns will aber recht verstanden sein. Es ist nur eine Gegenwart seiner göttlichen Natur: denn die menschliche ist im Himmel und fern von uns; die göttliche Natur aber ist im Abendmahl nicht anders gegenwärtig, als sie anderswo gegenwärtig ist, und ist nicht etwa in magischer Weise an die Sacramente gebunden, die Gegenwart ist also nur eine Gegenwart der Wirksamkeit (efficaciae). Mit dieser Gegenwart Christi ist aber auch eine Mittheilung Christi gesetzt und zwar eine geistige und eine leibliche. Die letztere ist aber nicht so zu verstehen, als ob sie eine Mittheilung des Leibes Christi sei, denn der Leib Christi ist fern von uns, sonach kann auch kein Theil der Substanz dieses Leibes uns mitgetheilt werden, darunter ist vielmehr nur eine geistige Einigung mit der Gottheit Christi zu verstehen.

 Damit sind alle Grundlagen für die Lehre vom Abendmahl gegeben. Man kann das Abendmahl definiren als eine von Christo eingesetzte Ceremonie, in welcher mit den sichtbaren Zeichen von Brod und Wein eine Mittheilung des Leibes und Blutes Statt hat, der Sinn derselben ist aber nur der, dass Christus den Gläubigen gegenwärtig ist und ihnen bezeugt, dass er sie seiner Wohlthaten theilhaftig machen, sie als Glieder in seinen Leib einfügen und in ihnen wohnen wolle. Die Gegenwart Christi, die man auch eine substantielle nennen kann, muss man betonen denen gegenüber, welche das Abendmahl so auffassen, als wenn Brod und Wein nur an den abwesenden Christus erinnern sollten, aber auch nur in dem Sinn ist Christus substantiell gegenwärtig, dass er in uns wirksam ist, wie es der heilige Geist ist[1].


  1. Testimonium contra omnes Fanaticos et Enthusiastas, qui fingunt hanc sacrae coenae administrationem tantum esse repraesentationem quasi scenicam Christi absentis, aut nudam picturam significantem quid divini, aut tantum notam professionis, sicut toga discernebat Romanum a Graeco. Neque concedunt has sacras actiones esse organa, per quae spiritus sanctus in credentibus sit efficax. E contra nos statuimus, Christum, ut in ministerio, vere piis esse praesentem et cum hac sumtione vere eis praestare, quae promittit evangelium.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/296&oldid=- (Version vom 1.10.2017)