Seite:Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl.pdf/302

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

auch in so regem Verkehr mit den Heidelbergern und Schweizern stehen und deren Schriften so eifrig verbreiten können, und wie hätten sonst die Schweizer und Heidelberger sie so ganz als die Ihrigen ansehen können?

 Doch wir wollen uns vorerst noch nicht weiter mit den Philippisten zu schaffen machen, sondern noch bei der Exegesis stehen bleiben, und dann von den Ereignissen berichten, welche sich an dieselbe anreihen.

 Mag die Exegesis von den Wittenbergern verfasst sein oder von einem Anderen, sie bezeichnet genau den Standpunkt, welchen die Philippisten einnahmen, und wir ersehen aus ihr, wie sie sich die Sache zurecht legten.

 Melanchthon, wird behauptet, hat immer das Rechte vom Abendmahl gelehrt, Luther aber hat sich von Anfang an nicht weit genug von der Transsubstantiationslehre entfernt. Indessen hat Luther sich doch nie gegen Melanchthons Lehre erklärt, was als Beweis dafür anzusehen ist, dass er in dem, was er im Anfang geltend machte, nicht das Wesen der Lehre gesehen hat. Sonach hat man ein Recht, die Auffassung Melanchthons, die auch in der Augustana niedergelegt ist, und zwar nach den Erklärungen, die er selbst darüber gegeben, und nach den Verbesserungen, die er angebracht hat, als die Lehre der lutherischen Kirche anzusehen. Es war eine Gnadenführung von Gott, wird weiter gesagt, dass Er den Melanchthon neben Luther gestellt, und Luthern durch Melanchthon hat corrigiren lassen. Von diesem guten Weg gingen spätere Theologen in ihrer Feindseligkeit wider Melanchthon ab, stellten das an der Lehre Luthers, was dieser selbst hatte zurücktreten lassen, wieder in den Vordergrund, und fügten die die ganze Lehre von der Person Christi verkehrende Lehre von der Ubiquität hinzu. Ihr gegenüber vertritt die Exegesis angeblich die Lehre Melanchthons, in Wahrheit aber giebt sie der Lehre Melanchthons eine Deutung, welche ihr allerdings gegeben werden kann, welche aber von Melanchthon selbst in dieser Schärfe und Bestimmtheit nicht ausgesprochen war, und welche in allen wesentlichen Stücken mit der Abendmahlslehre Calvins übereinkam: denn sagt man von Calvin, er habe im Abendmahl nur eine Gegenwart Christi im Geist

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/302&oldid=- (Version vom 1.10.2017)