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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

gelehrt, eine Gegenwart des Leibes aber nur in dem Sinn, dass von dem im Himmel als an einem bestimmten Ort weilenden Christus eine geistliche Wirkung ausgegangen sei; er habe keinerlei Verbindung von Leib und Brod angenommen, also keine Mittheilung des Leibes Christi in oder unter dem Brod; er habe den mündlichen Genuss und den Genuss der Gottlosen geläugnet, so hat man doch wohl das Wesentliche seiner Lehre damit genannt. Das alles aber findet sich in der Exegesis.

 Warum soll man nun von dem Inhalt der Exegesis nicht gleich gut sagen können, er sei calvinisch, als der Verfasser davon sagte, er sei melanchthonisch? Beides war eben in eins zusammengefallen. Richtiger aber war es in der damaligen Zeit, den Inhalt calvinisch zu nennen, denn ob sich die melanchthonische Lehre so deuten liess, darauf einzugehen war nicht Sache der lutherischen Theologen, sie constatirten das Faktum, dass man hier die gleiche Lehre fände, wie bei den Sacramentirern.




 Und so sah auch der Kurfürst von Sachsen die Sache an, nachdem er von verschiedenen Seiten, von Privaten und fürstlichen Höfen, auf die Exegesis aufmerksam gemacht, sich mit dem Inhalt derselben bekannt gemacht hatte.

 Er war sofort entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Gleich bei der ersten Untersuchung, die er anstellen liess, stellte sich heraus, dass Vögelin in Leipzig sie herausgegeben, dass die Wittenberger ihren Inhalt nicht verwerflich gefunden, dass die Schrift in Wittenberg verkauft und von den dortigen Professoren den Studierenden empfohlen worden war. Aufgefangene Briefe der Wittenberger kamen hinzu, welche den Kurfürsten in dem Verdacht bestärkten, dass die Wittenberger die Schrift verfasst hätten. Damit war ihm der Beweis geliefert, dass sie ihn bis dahin getäuscht hatten, und das verargte er ihnen um so mehr, als er in den letzten Jahren zu wiederholten Malen Verdacht gegen sie ausgesprochen, den sie immer wieder zu zerstreuen gewusst hatten; und als er sie zu wiederholten Malen hatte warnen lassen. Sein Unwille traf vor Allen seinen Leibarzt Dr. Peucer, den liess er am 1. April 1574 verhaften und die bei ihm vorgefundene Correspondenz

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/303&oldid=- (Version vom 1.10.2017)