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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

So erklärte Möller, die sacramentarii seien noch nicht gehört und ungehörter Sachen wollten sie dieselben nicht verdammen.

 Aus diesen Erklärungen geht doch mit Bestimmtheit hervor, dass diese Theologen die Lehre Luthers vom Abendmahl verwarfen. Sie benützten freilich die dem Corpus doctrinae Misnicum bis dahin gewordene Anerkennung klüglich, um daraus die Folgerung zu ziehen, dass man Luthers Lehre nach diesem auszulegen habe, aber dazu hatten sie kein Recht: denn dieses Corpus doctrinae war nur unter der Voraussetzung eingeführt worden, dass es mit der Lehre Luthers übereinstimme. Sie behaupteten freilich, bei der Lehre Melanchthons zu verharren, aber diese fiel nach ihrem eigenen Geständniss mit der Lehre Calvins zusammen, sonach war der gleiche Gegensatz, der zwischen der Lehre Luthers und der Calvins war, auch zwischen ihrer Lehre und der Luthers.

 Dieser Auffassung entsprach nun auch die Stellung, welche die Wittenberger und Leipziger zu den reformirten Theologen und diese zu ihnen einnahmen. Sie wussten sich in der Lehre eins, sie standen darum in regem und vertraulichem Verkehr mit ihnen, sie lasen viel die Schriften der Reformirten und verbreiteten sie in ihren Kreisen. Die Reformirten aber sahen die Sache der Wittenberger als die ihrige an und verfolgten den Verlauf der Dinge in Kursachsen sehr aufmerksam. Diess erhellt am deutlichsten aus den Briefen des Heidelberger Theologen Ursinus an Heinrich Bullinger in Zürich, welche Heppe (im Anhang zum II. Theil seiner Geschichte des Protestantismus) mittheilt. Diese Briefe liefern zugleich den Beweis, dass man das Verhalten der kursächsischen Theologen zu dem Kurfürsten nicht anders deutete als in den lutherischen Kreisen, und als es der Kurfürst selbst deutete, dahin nemlich, dass sie mit ihrem Bekenntniss lange zurückgehalten, lange also den Kurfürsten getäuscht hätten.

 Die Briefe sind aus den Jahren 1572–1574. In dem ersten, vom 23. August 1572, gedenkt Ursinus der schon erwähnten Vorgänge zwischen Peucer und dem Kurfürsten in Wittenberg; berichtet er von den Anklagen, welche gegen Peucer und Pezel erhoben worden seien, als wären sie Calvinisten, fügt aber hinzu,

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/312&oldid=- (Version vom 1.10.2017)