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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

A. C.-Verwandten Stände in eigner Person sich zusammenthun sollten, um den Hader der Theologen zu schlichten? Der Herzog von Würtemberg suchte eine Anzahl befreundeter Fürsten dahin zu vereinigen, dass sie auf dem Frankfurter Reichstag in Person


    IX, 332). Bullinger knüpfte aber auch an dieses Bekenntniss keine Hoffnungen, wie er sich auch nicht viel von einem Colloquium zwischen Lutheranern und Reformirten versprach, auf das jetzt Beza grosse Hoffnungen baute. Er schreibt an Beza (am 15. Decbr. 1557) ... „Wir können uns allerdings noch nicht überzeugen, dass man durch Religionsgespräche zur Eintracht komme mit den Lutheranern, oder dass diess der einzige Weg sei, die Zwietracht los zu werden, es wäre denn, dass wir noch vor Beginn des Gespräches uns entschliessen würden, nur einfach die Augsburgische Confession zu unterschreiben .. Seit dem Erscheinen dieses Bekenntnisses sind nicht wenige Colloquien gehalten worden: in diesen allen ist dasselbe beinahe mehr beachtet worden als das hochheilige Evangelium Jesu Christi selbst, so sehr, dass wer es nicht in allen Stücken annimmt und anerkennt, auch wenn er den evangelischen Glauben und die apostolische Lehre vollständig und lauter bekennt, angesehen wird, als ob er kein Jota der reinen Lehre erkannt hätte oder annähme ... Diesen Menschen (er denkt vor allem an Westphal) ists bei Weitem nicht genug, wenn man sagt, man wolle jene Confession willig nehmen, aber nur im rechten Sinn und Verstand. Es zeigt sich also, sie begehren nichts Anderes, als dass wir einmal unsere Redeweise und die Lehre unserer Kirche lassen und nur einfach die A. C. unterschreiben.“ „Und wie kommt es,“ schliesst er seinen Brief, „dass Du bei Deinen wiederholten Zusammenkünften, nicht mit den wüthenden, sondern mit den insgemein gemässigten Männern, von denen man einige Hoffnung hegt, dass sie sich zu einer Vereinigung verstehen möchten, nicht ein einziges Mal unseren Consensus bei ihnen vorgebracht hast? Du merktest ohne Zweifel, dass auch bei ihnen nicht diese Vereinigung, sondern etwas Anderes, Mehreres verlangt werde?“
     Hätten alle Reformirten und alle Lutheraner so klar gesehen wie Bullinger, wie viele gegenseitige Täuschungen hätte man sich erspart!
     Auch viel heller als Calvin sah da Bullinger. Calvin gab die Hoffnung auf das Zustandekommen eines Colloquiums zwischen Lutheranern und Reformirten nicht sobald auf, und setzte sie auf Melanchthon, stellte darum auch in Aussicht, dass er zu einem künftigen Colloquium sich einfinden werde. Bullinger aber erwiderte ihm (am 10. Septbr. 1557): „Es gefällt mir gar nicht, dass Du Deine ganze Hoffnung auf Melanchthon bauest und alle Deine Pläne auf ihn stützest. Das gebe ich zwar zu, Melanchthon ist ein redlicher Mann, aber ein Mensch, und zwar ein furchtsamer. Würde man auch hundert Mal zusammenkommen, und sich in Besprechungen einlassen, so würde er seinerseits für unsere Kirchen doch lang nicht so viel Heil bringen, als Schnepf, Brenz und andere Wuthentbrannte, mit denen wir’s da eigentlich zu thun [303]

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/326&oldid=- (Version vom 1.10.2017)