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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Schon Melanchthon liess sich durch diese Auseinandersetzungen Bucer’s nicht irre machen: er schrieb an ihn (d. d. 23. Juli 1530; W. XVII, 2416): „Mich dünket, es sei weder dem gemeinen Besten zuträglich, noch meinem Gewissen zu rathen, dass ich unsere Fürsten mit Eurer verhassten Lehre beladen sollte, die ich weder mir selbst noch Andern für recht und wahrhaftig darthun kann, als die wider der ganzen Kirchen Zeugniss ist.“ Der Kanzler Brück bezeichnete dann, als Bucer und die Seinen nicht abliessen, auf eine Vereinbarung zu dringen, klar und bestimmt die Differenzpunkte (W. XVII, 2423), und zwar dahin:

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 Bucer und die Seinen halten schlechterdings dafür, dass der Leib Christi im Himmel sei und nicht mit dem Brod oder im Brod wesentlich gegenwärtig sei. Sagen gleichwohl, dass der Leib Christi wahrhaftig zugegen sei, aber durch Beschauung des Glaubens, das ist in Gedanken (imaginatione) also, dass er mit Gedanken gegenwärtig gebildet werde. Das ist schlecht und einfältig ihre Meinung. Sie machen den Leuten einen blauen Dunst vor die Augen, damit dass sie sagen, Christus sei wahrhaftig zugegen. Und setzen gleichwohl dazu, durch Beschauung des Glaubens, das ist in Gedanken, damit sie wieder leugnen die wesentliche Gegenwärtigkeit. Wir lehren, dass der Leib Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sei mit dem Brod oder im Brod; uns dünkt aber, dass Bucer hiemit hinterlistig handele, wenn er sagt: wir seien in diesem Artikel mit einander eins, nämlich dieweil wir die Transsubstantiation oder Verwandlung des Brods sämmtlich verwerfen und sagen, Brod bleibe. Wiewohl wir sagen, dass der Leib Christi wesentlich zugegen sei: so sagt doch D. Luther nicht, dass er localiter, räumlich, in einer Grösse und umschrieben da sei; sondern auf die Weise, wie die Person Christi oder der ganze Christus, bei seiner Kirchen und allen Kreaturen gegenwärtig ist. Hieraus folgert Bucerus, wenn Christi Leib auf diese Weise zugegen ist, wie der ganze Christus bei allen Kreaturen gegenwärtig ist, so folget, dass der Leib Christi nur an einem Orte räumlich sei, und dass alle andern Dinge, dieweil sie andere unterschiedene und weit abgelegene Oerter haben, nicht wesentlich dem Leib

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.10.2017)