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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Aber auch den Beweis sucht man zu führen, dass Luther in der ganz letzten Zeit seines Lebens wieder zu milderer Gesinnung zurückgekehrt sei und sein Bedauern über die herbe Stellung, welche er zuletzt eingenommen, ausgesprochen habe.

 Hospinian (II, 201) erzählt: Der Leipziger Theologe Alesius habe versichert, aus dem Munde Melanchthons folgendes gehört zu haben. Luther habe kurz vor seiner Abreise nach Eisleben, wo er dann starb, freiwillig die Aeusserung gegen Melanchthon in Gegenwart anderer Theologen gethan: „Lieber Philippe, ich bekenne, dass der Sach vom Sacrament zu viel gethan ist.“ Und als Melanchthon ihm erwiedert: so wollen wir eine Schrift ausgehen lassen, in der wir unsere Meinung klar darlegen, habe Luther geantwortet: „Aber also machte ich die ganze Lehre verdächtig. So will ich das dem lieben Gott befohlen haben, thut Ihr auch etwas nach meinem Tode.“

 Hospinian fährt dann fort: Als die Nachricht von diesen Aeusserungen nach Bremen kam, schickte Erhard von Lingen den M. Schlangrab zu Melanchthon, um ihn zu fragen, ob die Sache wahr sei, und Melanchthon bestätigte das und fügte hinzu, er würde sie schon bekannt gemacht haben, wenn er nicht neue Stürme hätte verhüten wollen, er wolle es aber in seinem Testament erzählen. Diess alles hatte Alesius schon in Leipzig drucken lassen, da kam Pfeffinger dahinter und unterdrückte die Herausgabe, aber ein Zuhörer des Alesius brachte sie in Umlauf. Als sie darauf auch dem Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz zu Ohren kam, schrieb dieser an den Bremer Bürgermeister von Büren und bat um Auskunft, und um das Zeugniss von Lingen und Schlangrab. Das wurde ihm geschickt. Büren erzählte so: Melanchthon habe, als er sich mit Luthern über den Sacramentsstreit unterhielt, unter anderem geäussert: videri sibi patrum purioris vetustatis scripta stare magis a parte adversariorum quam a sua, worauf Luther geantwortet habe: „was soll ich viel sagen, der Sachen ist zu viel geschehen.“ Auf die Entgegnung Melanchthons aber, das lasse sich durch eine linde Schrift gut machen, habe Luther erwiedert: „dess habe ich ein Bedenken. Ich habe das Meine gethan, Ihr anderen müsset auch etwas thun.“

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.10.2017)