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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)

seines Humors, der ihm so lange Aug’ und Herz frisch und jung erhalten hatte. Man konnte an Herbert König nicht anders, wie an einen Glücklichen denken; schäkernde Bilder drängten sich bei der Erinnerung an ihn vor unserem geistigen Auge; man wurde selbst mit froh, wenn man des Frohen im Schooße der Zufriedenheit gedachte. Er hat Recht, der Freund, der aus Berlin dem Heimgegangenen nachsagt: „In die Wehmuth, mit welcher uns die Nachricht von seinem Tode erfüllt, mischt sich unabweislich doch immer wieder das Lächeln bei der Erinnerung an die zahllosen Aeußerungen seiner außerordentlichen humoristischen Kraft, deren Wirkung wir so oft empfunden haben, und wir können seiner nicht anders gedenken, als mit, einem heitern, einem nassen Auge“ – Die Leser der „Gartenlaube“ werden von derselben Wehmuth erfaßt werden, wenn sie im vorigen Jahrgang die Nr. 18 aufschlagen und neben dem geistigfreien Worte das Bildniß betrachten, das nun einen Todten vorstellt. Wir Alle haben es zu beklagen, daß wir ärmer geworden sind um einen Poeten mit Griffel und Feder. Treue Liebe seiner Erinnerung!


Ein Urtheil Rudolph Gottschall’s über E. Marlitt finden wir in einem der letzten Hefte dieses Jahrgangs von „Unsere Zeit“. Wir können uns nicht versagen, dasselbe hier mitzutheilen, da es, aus einer so bedeutenden Feder stammend, den zahlreichen Marlitt-Verehrern gewiß interessant sein wird.

E. Marlitt,“ sagt unser Literarhistoriker daselbst in der „Literarischen Revue“, „hat in letzter Zeit zwei neue Romane erscheinen lassen: ‚Das Haideprinzeßchen‘ (Leipzig 1874) und ‚Die zweite Frau‘ (Leipzig 1875). Das ,Haideprinzeßchen’ gehört in das Genre der Mignons und Fanchons; es ist wiederum ein kleines Aschenbrödel neben den Prinzessinnen und denen, die es werden wollen, und so wieder eine neue Variante auf ein von E. Marlitt oft behandeltes Thema. Bei dem Beginne des Romans scheint die Dichterin mit der Droste-Hülshoff, mit Petöfi oder auch mit E. von Dincklage wetteifern zu wollen in der poetischen Schilderung von Haidebildern, und in der That hat sie dafür auch die geeigneten Farben auf ihrer Palette. Ihr Stil ist durchaus nicht der Alltagsstil der Leihbibliothekenromane; es pulsirt in demselben eine dichterische Ader und er hat ein eigenartiges Gepräge. – –

Den Zauber, die Spannung weiß E. Marlitt wie wenige zu erregen und festzuhalten und nimmt in Bezug hierauf unter den Romanschriftstellerinnen der Gegenwart wohl den ersten Platz ein. Wenn indeß das ‚Haideprinzeßchen‘ etwas musivisch gearbeitet und aus einer zu bunten Mosaik glänzender Steinchen der Erfindung zusammengesetzt war, so ist ihr späterer Roman ‚Die zweite Frau‘ (Leipzig 1875) mehr aus Einem Gusse, von Haus aus zusammengeraffter und in Bezug auf die künstlerische Architektonik der Handlung vielleicht das beste Werk der Verfasserin. Schade, daß sie gegen den Schluß hin ein höchst überflüssiges Sensationsmotiv eingeschoben hat und die Heldin von dem sie bis zum Wahnsinne liebenden Geistlichen in den Teich stürzen läßt. Einmal bringt dies Motiv keine rechte Spannung hervor: denn daß der Roman nicht auf ein tragisches Ende angelegt ist, fühlt man ja aus der ganzen Entwickelung heraus. Dann aber hat die Handlung des Dompredigers nicht die geringsten Folgen; ein so empörender Mordversuch wird von der Criminaljustiz nicht weiter untersucht; der Geistliche verschwindet in irgend einem Kloster.

Von dieser einen gewaltsamen Wendung abgesehen, hat der Roman ein tadelloses Gefüge, eine glaubwürdige und spannende Entwickelung, und um die indische Kranke, diese im Abendlande verwelkende Lotosblume, schwebt ein echt poetischer Reiz. Die Charaktere sind scharf gezeichnet, oft bis zur Herbheit, wie der Hofmarschall, eine bis zur Widrigkeit abstoßende Figur, in der auch nicht der geringste menschlich fesselnde Zug ist; im Servilismus und in aristokratischen Schrullen verkommen, unedel in seinem ganzen Denken und Empfinden, macht er den Eindruck einer durch den Roman kriechenden Kreuzspinne, während der Schwarze als Testamentsfälscher, der außerdem aus Ehebruch und Mord ausgeht, doch etwas zu sehr in der Beleuchtung des neuen Culturkampfes steht und an das mit allen Schäden behaftete Musterbild der Thierheilkunde erinnert. Ganz vortrefflich dagegen ist der Charakter der Heldin und derjenige Mainau’s gezeichnet, und wie dieser zuletzt die Frau, die er nur geheirathet hat, um sich an der Herzogin zu rächen und um für sein Haus während seiner Abwesenheit eine wichtige Verwalterin zu haben, zu achten und zu lieben beginnt, bis er in voller Leidenschaft für sie erglüht: das ist mit feiner Psychologie, die nie um beweiskräftige Züge verlegen ist, und in lebendigen Schilderungen dargestellt. Das Schema des Aschenbrödelmärchens liegt freilich wieder zu Grunde. Diese neue Goldelse, diese rothhaarige Liane wird ja nur zu Aschenbrödeldiensten am häuslichen Herde geheirathet; wie ganz anders am strahlenden Schlusse!“


Eine interessante Erfindung auf dem Gebiete der modernen Gartenkunst wurde in letzter Zeit von Dänemark aus allen Gärtnern und Gartenfreunden mitgetheilt und mit Recht allseitig als vollkommen anerkennenswerth begrüßt. Es ist dies eine unscheinbare, aber praktische Maschine, durch welche sich jeder Pflanzenzüchter ganze Massen der nothwendigsten kleinen Blumentöpfe selbst herstellen kann. Das Material ist überall leicht zu haben und nichts Anderes als Kuhmist und eine feingesiebte leichte Erde. Diese beiden Dinge werden (ohne Zusatz von Wasser) zu einem zähen Teig geknetet, aus welchem durch einen nur einigermaßen geschickten Arbeiter täglich fünf- bis achthundert Stück kleine Töpfe vermittelst der oben erwähnten Maschine geformt werden können. Die Töpfchen werden an der Sonne oder in einem durch Feuer erwärmten Raume in kurzer Zeit getrocknet und sind nach Verlauf von vierundzwanzig bis dreißig Stunden brauchbar. Die vielen Vortheile, welche diese kleinen Töpfe jedem Gärtner und Privatliebhaber, aber am meisten den darin cultivirten Pflanzen bieten, sind leicht zu erkennen. Ersteren ersetzen sie die theueren und zerbrechlichen irdenen Töpfe vollkommen für den ersten Zeitraum der Cultur, und die Kosten der Herstellung sind fast für Nichts zu rechnen; die jungen Pflanzen aber, seien es nun die allbekannten und tausendfach verlangten sogenannten Teppichbeetpflanzen oder junge Gehölze oder Sämlinge, deren Samen man in diese Töpfchen legte, wie Gurken, Melonen, Erbsen und Bohnen und viele derartige, die das Versetzen nicht leicht ertragen, befinden sich darin ganz vortrefflich. Ist nämlich die Zeit des Auspflanzens gekommen, so setzt man einfach die Pflanzen sammt den Töpfen in den Boden. Dieser erweicht die Töpfe baldigst, und die Wurzeln können ungehindert hinaus und in das umgebende Erdreich eindringen, während sie durch die sich auflösende Topfmasse noch ernährt werden. Schreiber dieser Zeilen benutzt seit Monaten die erwähnten Töpfe zu den mannigfachsten Culturen und möchte Gärtner und Gartenfreunde zu Nachahmungen ganz besonders ermuntern, um so mehr, da ein jeder Pflanzenzüchter durch eigene Erfahrung nach und nach die verschiedenste Verwendung dieses so billigen Materials für seine Lieblinge finden wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß nach allgemeinem Bekanntwerden und nach Erprobung der vielen unbestreitbaren Vortheile dieser Töpfchen auch Verbesserungen und Vervollkommnungen der allerdings im Augenblicke noch nicht ganz tadellosen Maschinen bekannt werden müssen, vermöge deren man z. B. eine größere Festigkeit und schönere Form der Töpfe erzielen könnte. Bis dahin aber möchte ich jedem Freunde der schönen Gartenkunst diese Maschinen, deren man, außer in Dänemark, auch bereits bei deutschen Gärtnern und Mechanikern um einige Mark erhalten kann, zu Versuchen bestens empfehlen; denn es ist gewiß, daß seit langer Zeit auf dem Gebiete der gesammten Gartenkunst kaum etwas Praktischeres eingeführt wurde.

Colmar im Elsaß, im Juni 1876.

C. H. Wesener, Obergärtner.

Friedrichroda. Das thüringische Fürstenthum Gotha hat in dem ihm gehörigen Theile des nordwestlichen thüringer Waldes an landschaftlicher Schönheit Kleinode von wahrhaft unschätzbarem Werthe aufzuweisen. Eines derselben ist der vor dreißig Jahren kaum genannte, jetzt vielbekannte Curort Friedrichroda. Man darf ihn eine reichgeschmückte Pforte der Natur nennen, durch welche der Mensch in das Haus seiner milden leben- und gesundheitspendenden Mutter einkehrt, um sich an ihre Brust zu werfen und sich ihrer einfachen und doch so reichen Gaben zu erfreuen. Kein Wunder, daß ein solcher Ort auch in der Literatur seinen Vertreter findet. Der Volks- und Jugendschriftsteller Richard Roth hat ein Büchlein herausgegeben: „Friedrichroda und seine nächste und weitere Umgebung. Wegweiser und Gedenkbuch für Curgäste und Freunde des thüringer Waldes. Ohrdruf, bei Aug. Stadermann jun.“ Herr Stadermann hat keine Kosten und Mühe gescheut, dem Büchlein ein entsprechendes Gewand zu verleihen, und der Verfasser hat mit großer Wärme, man möchte fast sagen Begeisterung gearbeitet. Die Freunde Friedrichrodas werden sich an der Lectüre erquicken und die dortigen Curgäste sich seiner als eines genauen und wohlwollenden Wegweisers bedienen, mit dem sie sich gleich vertraut und heimisch fühlen werden. Roth hat seine Miniaturschöpfung der Friedrichrodaer Natur abgelauscht; sie nimmt sich aus wie eine Photographie des lieben Bergstädtchens und seiner Umgebung, und der Verleger hat eine sehr genaue und saubere Karte beigegeben, so daß Jeder, der einmal die Friedrichrodaer Bergluft genossen hat, sich mit seinen durch das Büchlein aufgefrischten Erinnerungen im Geiste wieder dorthin versetzen kann. Interessant ist noch besonders, daß der alte thüringische Dichter Ludwig Storch das Schriftchen mit einem Gedicht eingeleitet hat, das auf den Ursprung des Ortes und seines Namens ein neues – ob nur poetisches, oder auch geschichtliches, jedenfalls originelles – Licht wirft.


Ein deutsches Ehrenfest. Am 6. Juli feiert die Stadt Königsberg in Franken ein Erinnerungsfest an den seiner Zeit weltberühmten und hochverdienten Mathematiker und Astronomen Johannes Regiomontanus, der an demselben Tag vor vierhundert Jahren in Rom, wohin Papst Sixtus der Vierte ihn zur Berichtigung der Zeitrechnung und Herstellung eines neuen Kalenders berufen hatte, eines raschen Todes starb. Was der große deutsche Mann für seine Zeit geleistet und was davon noch für die Gegenwart und alle Zeiten seinen Werth behält, soll in einem mit seinem Königsberger Standbilde illustrirten Festartikel unseren Lesern vorgeführt werden. Leider ist es uns, weil die Illustration nicht rechtzeitig vollendet werden konnte, nur möglich, erst in der Woche des Festes selbst, nicht schon vorher, mit unserem Beitrag zu demselben in die Oeffentlichkeit zu treten. Desto mehr müssen wir wünschen und möchten hiermit dazu auffordern, daß man der kleinen Vaterstadt des großen Mannes die Feier nicht allein überlasse. Nicht blos die Gelehrtenschulen, die ihm, dem ersten Kenner und Vorbereiter der griechischen Sprache und Literatur, zu ewigem Danke verpflichtet sind, noch mehr die gesammte Marinewelt, die nicht vergessen darf, daß die „Ephemeriden“ und nautischen Instrumente des Regiomontanus zuerst der Seefahrt den Ocean erschlossen und selbst Columbus auf seiner kühnsten Fahrt den Weg wiesen, und schließlich die gesammte Nation, welcher er den ersten deutschen Kalender in die Hand gab, – sie Alle sind verpflichtet, am 6. Juli das Andenken des Mannes zu feiern, dessen Leben und Wirken immerdar zu den großen deutschen Ehren gehören wird.


Zur Notiznahme. Von der Wittwe Fröbel’s geht uns Folgendes zur Veröffentlichung zu: „Ich beabsichtige, die Correspondenz meines verstorbenen Gatten, Friedrich Fröbel, herauszugeben und bitte deshalb Diejenigen, welche sich im Besitze irgend welcher Briefe desselben befinden, mir solche freundlichst zu diesem Zwecke auf kurze Zeit zu überlassen und an meine unten angegebene Adresse senden zu wollen.

L. Fröbel,
Hamburg, Alter Jungfernstieg Nr. 18.“
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_460.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)