Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage | |
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vortheilhafteste Verwendung der eingehenden Werthsummen, alles dies bedingte eine unaufhörliche, rasch laufende Thätigkeit und eine Reihe ineinandergreifender Erfahrungen.
Der Verkehr mit den zuströmenden Mäklern, welche die aus verschiedenen Welttheilen herkommenden Würmergespinnste anboten, derjenige mit den Männern, welche die Ausfuhr der fertigen Gewebe nach anderen Welttheilen vermittelten und hiebei wiedereigenen Reichthum zu gewinnen trachteten, erheischte fortwährende Gewandtheit und rasche Ueberlegung. Die täglich sich mehrende Concurrenz forderte ein peinliches Zurathehalten der aufzuwendenden Mittel und zugleich die genaueste Prüfung der gelieferten Arbeit in Bezug auf ihre Güte und Reinheit, während die gleichen arbeitenden Hände, die man so streng überwachen mußte, von anderer Seite eifrig gesucht und abwendig gemacht wurden, wenn die Unternehmungslust im Schwange war; ging sie aber zurück, so mußten dieselben auf die besseren Tage hin mit Opfern in Thätigkeit erhalten bleiben.
Wiederum mußte der Wechsel des Geschmacks und der Bedürfnisse unter den verschiedensten Himmelsstrichen aufmerksam verfolgt werden. Hier mußte das gefällige und dauerhafte Seidenkleid der Bürgersfrau alt geordneter Gesellschaftsländer geliefert werden; dort
Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/437&oldid=- (Version vom 31.7.2018)