Seite:Ein Tag auf dem Stadtthurm zu Andernach.pdf/24

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Wilhelm Carové: Ein Tag auf dem Stadtthurm zu Andernach. In: Moosblüthen, zum Christgeschenk, S. 175-222

Kaiser Valentinianus die schöne große Kirche mit ihren vier Thürmen bauen. Es hat aber den Römern Nichts geholfen, daß sie noch in ihren alten Tagen fromm geworden sind; denn bald darnach kamen die Franken und vertrieben sie von hier und vom ganzen Rhein. Und da haben sich die Austrasischen Könige neben dem Römerthor einen Palast gebaut, wovon noch jetzt die äußern Mauern zu sehen sind. Auch soll zu Rolands Zeiten der leichtgläubige Graf Siegfried von Maienfeld hier gewohnt haben, der seinem abgefeimten Schloßverwalter Golo mehr geglaubt, als seiner edeln Frauen, der schönen Genovefa von Brabant. Schade sey es, so meinte der Herr Director, daß dem boshaften Verwalter eines der schönsten deutschen Lieder in den Mund gelegt worden sey, welches so anfange:

Dicht von Felsen eingeschlossen,
Wo die stillen Bächlein gehn,
Wo die dunkeln Weiden sprossen,
Wünsch’ ich bald mein Grab zu sehn.
Dort im kühlen abgelegnen Thal
Such ich Ruh für meines Herzens Qual!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Wilhelm Carové: Ein Tag auf dem Stadtthurm zu Andernach. In: Moosblüthen, zum Christgeschenk, S. 175-222. Brönner, Frankfurt a.M. 1830, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Tag_auf_dem_Stadtthurm_zu_Andernach.pdf/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)