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der Gemeinde von den jüdischen Widersachern des Apostels gekommen, die fortfuhren, sein apostolisches Amt zu verkleinern und zu diesem Zweck ihn persönlich zu verdächtigen. Dazu kam noch die Lässigkeit, mit welcher in Korinth die von dem Apostel angeregte Sammlung für die Muttergemeinde in Jerusalem betrieben wurde. Das alles gibt ihm Anlaß, von Makedonien (Philippi?) aus, ehe er selbst nach Korinth kommt, noch einen Brief, nämlich unsern zweiten Korintherbrief zu schreiben (a. 58), damit er, wenn er kommt, die Anstöße beseitigt, das alte Verhältnis wieder hergestellt finde und in Liebe und Güte unter ihnen walten könne. Nach c. 12, 14 und 21 und c. 13, 1–2 ist der Apostel bereits vor Abfassung des 2. Korintherbriefs ein zweites Mal in Korinth gewesen. Für den dritten Besuch hatte er ursprünglich die umgekehrte Route, als er sie hernach wirklich einschlug, in Aussicht genommen. Wenn er von seinem mitgeteilten Plan abgewichen ist, so geschah dies aus Gründen höheren Nutzens (c. 1, 15–2, 3).

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 2. Was den Inhalt des Briefes anlangt, so ist die Gliederung desselben nicht so klar hervortretend wie in andern paulinischen Briefen. Scheinbar zwanglos reiht sich dem Apostel alles, was er der Gemeinde zu sagen wünscht, an dem Faden der Berichterstattung über seine Reiseerlebnisse an. Doch lassen sich zwei Hauptteile unterscheiden, die von einander in ihrer Haltung sehr verschieden sind. In c. 1–9 wird das rechte persönliche Verhältnis der Gemeinde zu dem Apostel wieder herzustellen gesucht; in diesem Teile fährt der Apostel sanft, denn er sucht ihr Herz zu gewinnen. In c. 10–13 dagegen hat er es zu thun mit solchen, die sein Amt angreifen und sein Werk untergraben. Wir lernen hier die Widersacher des Apostels, ihre Beweggründe und Ziele genauer kennen. Es waren nicht, wie jene Eindringlinge in den galatischen Gemeinden, Anhänger einer jüdisch gesetzlichen Richtung, die der Heidenchristenheit Gesetz und Beschneidung aufdrängen wollten; ihr Gegensatz galt nicht der Predigt, sondern der Person des Apostels, dessen apostolisches Ansehen sie zu gunsten des nach ihrer Meinung unvergleichlich höheren Aposteltums Petri herabzudrücken und an dessen Stelle sie auf Grund der von der Muttergemeinde mitgebrachten Empfehlungsbriefe sich selbst in das Vertrauen der Gemeinde einzuschleichen suchten. Gegen diese