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von Smyrna, des Papias von Hierapolis) für seine Echtheit. Aber so gewiß wir über den Verfasser sind, so schwierig ist es, zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Verhältnissen Petrus diesen und den andern Brief geschrieben habe. Wie das Leben und Wirken des Apostels, soweit es seine kirchengründende und leitende Thätigkeit in Israel einschließt, klar vor uns liegt (Akt. 2–12), so entzieht es sich uns von da an, wo der hl. Paulus, der Apostel der Heiden, in den Vordergrund tritt. Im Jahre 44 verläßt Petrus Jerusalem, aber weder wissen wir, wohin er ging, noch wie lange er abwesend war. Dann finden wir ihn wieder bei dem Apostelkonvent im Jahre 51 in Jerusalem, und noch einmal begegnet er uns in Antiochien (Gal. 2, 11–14). Von da an aber verliert ihn die Apostelgeschichte aus dem Auge. Die römische Tradition füllt freilich die Lücken aus, aber sie ist ohne Beglaubigung durch ältere Zeugnisse. Erst sein erster Brief gibt wieder Nachricht von dem Wirken des Apostels.

 2. Was nun die Frage nach der Abfassungszeit unseres Briefes betrifft, so ist dieselbe mit Sicherheit nicht zu beantworten. Manche wollen bei Stellen wie 4, 17; 5, 8–9 an die Neronische Christenverfolgung denken. Aber diese Stellen nötigen nicht, an obrigkeitliche Bedrückung der Christen zu denken. Es bleibt trotzdem wahrscheinlich, daß der Brief um die Mitte der 60er Jahre entstanden ist. Als Abfassungsort desselben ist c. 5, 13 Babylon genannt, worunter kaum das ehemals berühmte, aber längst gesunkene Babylon am Euphrat, sondern auf Grund der alten Tradition, daß Petrus in Rom gekreuzigt worden sei, wohl die damalige Welthauptstadt zu verstehen ist.

 Daß es nicht ungewöhnlich war, den Mittelpunkt der gottfeindlichen Weltmacht mit diesem typischen Namen zu benennen, auch zu der Zeit, wo das alte Babel längst gefallen war, bezeugt uns Sach. 2, 7 ff. vgl. Apok. 14, 8; 18, 2. 10. Zudem war es stärkend für die Gemeinden Asiens, die von der Weltmacht zu leiden hatten, wenn die Gemeinde (denn so ist die Miterwählte zu verstehen, vgl. 1, 1) sie grüßte, die im Mittelpunkt der Welt zu leben und zu leiden hatte. Für diese Auffassung der Ortsbezeichnung spricht auch der Umstand, daß wir nach c. 5, 13 des Briefs den Markus, den laut 2 Tim. 4, 11 Paulus zu sich nach Rom berufen hatte, in unmittelbarer Nähe des Petrus finden, sowie die wohlbeglaubigte Überlieferung, daß Petrus in seinen