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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

einander wert!“ sagte der alte Herr und verkniff sich mühsam eine heftig aufsteigende Rührung, – „Hören Sie also, lieber Freund und Pastor, ich muß Ihnen da noch etwas mitteilen: Wenn man auf Reisen geht und so weiter, braucht man so’n bißchen Klimbim und dergleichen. Ich kenne das. Also machen Sie mir die Freude und stecken Sie dies Kuvertchen hübsch[WS 1] unter die Decke – ja? Und nein – keine Worte machen! Und kommen Sie uns hübsch kräftig und gesund wieder. Auf unserm brennenden Boden brauchen wir tüchtige Männer!“

Sie schüttelten einander warm die Hände, immer wieder und wieder.

Robert Berger war ganz überwältigt. Der Rausuppensche wischte sich hastig eine Träne aus dem grauen Schnurrbart und fuhr eilends davon.

„Isa, Ernst, Fräulein Claire!“ rief Robert Berger mit schwacher Stimme, „kommt alle, alle herein.“ Er richtete sich auf und sah seinem Freunde lange ins Gesicht, als sähe er ihn zum erstenmal. „Pastor Philippi,“ sagte er mit strahlendem Lächeln, „ich danke dir, daß du mir mein Amt abnimmst! Kehre ich wieder, so ist’s gut, kehre ich nicht wieder – nein, ruhig! es kann einem doch alles mögliche passieren –, so weiß ich’s in den besten, treuesten, tapfersten Händen geborgen, und ich kann ebenso ruhig nach Grönland wie nach Italien reisen. Mensch, Freund, Goldjunge, warum hast du mir von nichts erzählt? Die Bescheidenheit geht denn doch über die Bäume!“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hübch
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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)