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Besitzerin wertvoller Reliquien begünstigt vor anderen ihresgleichen da. Wertvoll in dieser Hinsicht war namentlich ein Span vom Kreuze Christi, welchen nach der Überlieferung Heinrichs des Erlauchten erste Gattin Constantia – mit diesem vermählt im Jahre 1234 – aus ihrem Heimatlande Österreich mitgebracht hatte. So ward die Stadt auch das Ziel zahlreicher Wallfahrer, und mit kirchlichen Festen verband sich ein reger Marktverkehr.

Verhältnisse dieser Art nun – und darum war hier von ihnen auszugehen – stimmen genau zu den Voraussetzungen, von welchen aus wir etwa seit dem Ende des 12. Jahrhunderts allerwärts das erstarkende Bürgertum im wachsenden Bewußtsein seiner Bedeutung zur Gründung von Stadtschulen verschreiten oder solche aus etwa vorhandenen Pfarrschulen herausbilden sehen. Die Dom- und Stiftsschulen, die Klosterschulen der älteren Art, welche die Leuchten einer früheren Zeit gewesen waren, freilich in der Hauptsache doch immer nur der Ausbildung von Klerikern sich gewidmet hatten, waren aus mannigfachen Ursachen erheblich zurückgegangen, die neugearteten Orden der Bettelmönche, die ja fernerhin vielfach auch durch Eröffnung von Schulen den Kreis ihrer Einwirkung auf die Gemüter zu erweitern gesucht haben, übrigens von vornherein sich in einer viel niedrigeren Flugbahn hielten, sollten erst noch entstehen. Und, um dies gleich hier zu berühren, diejenigen Glieder dieser Orden, die sich seinerzeit hier in Dresden niederließen,[1] haben wenigstens nie den Versuch zur Gründung einer Schule gemacht. Gerade in der oben bezeichneten Lücke der Entwickelung aber waren es einerseits die Hochschulen, die Universitäten, andererseits die lateinischen Stadtschulen, welche hervorzutreten und die geistige Führung zu übernehmen begannen.

Die Stadtschulen waren „lateinische Schulen“ – das brachte die ganze Entwickelung der Dinge mit sich – und blieben es noch bis weit über das Ende des von uns zu behandelnden


  1. Das Franziskanerkloster in der Stadt Dresden, links der Elbe, ist bereits für 1272, eine vorhandene Niederlassung der Augustiner (in „Altendresden“, rechts der Elbe) für ungefähr 1370 bezeugt.