Seite:Heft09VereinGeschichteDresden1889.pdf/12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auf das Terrain unserer Vorstadt gelangt, so daß wir in diesem Sinne jene Gegend vor dem Frauenthor als die Wiege unserer Vorstadt betrachten können.

Mit den Worten „vor dem Frauenthor“ bezeichnen uns die Urkunden im Allgemeinen das sich von da aus nach Nord und Ost erstreckende Stadtgebiet, und von besonderem Interesse erscheint die weitere durch sie gestattete Wahrnehmung, daß gerade diese Seite der Stadt es war, welcher sich zumeist und aller Wahrscheinlichkeit nach auch zuerst der vorstädtische Anbau zuwandte. Denn während wir am Ende des 14. Jahrhunderts auf den übrigen Seiten der Stadt, mit etwaiger Ausnahme der Gegend vor dem Kreuzthore, nur erst wenige vereinzelte Ansiedelungen, nämlich nur einige Mühlen und Weißgerbereien, einige Gärten, einen Hof (curia) in der Nähe des Sees (circa lacum) und das Siechen- oder Bartholomäi-Hospital an der Viehweide vorfinden, zeigen uns die Urkunden die Gegend vor dem Frauenthore mit weit mehreren Gebäuden und Gärten, ja bereits mit förmlichen Gassen besetzt und die benachbarte Gegend vor dem Kreuzthore schon mit einer Gasse bebaut.

Betrachten wir kurz die Ursachen, welche den Anbau vor dem Frauenthore begünstigten, so werden wir dahin in erster Linie die Nähe des Elbstroms mit der durch sie gebotenen Gelegenheit zum Erwerbe zu zählen, demnächst aber zu berücksichtigen haben, daß das Terrain vor dem Frauenthore, abgesehen von seinen tiefer liegenden, dem Hochwasser der Elbe ausgesetzten Teilen, eben so wie die Gegend vor dem Kreuzthore, den Vorzug größerer Bodentrockenheit vor der Gegend des See- und Wilsdruffer Thores für sich hatte, welche letztere, wie die dort zum Teil bis in das 18. Jahrhundert bestandenen sogenannten Seen bezeugen, stark von Gewässern durchzogen war und daher wohl einen sumpfartigen Charakter an sich trug.

Zwar fehlte es ursprünglich auch vor dem Frauenthore nicht an stehenden Gewässern oder Seen; teils trockneten sie aber noch im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts aus, teils war ihre Lage, wie es scheint, eine ziemlich entfernte und daher dem Anbau nicht hinderlich.