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habe deshalb vermieden, zum Essen zu kommen. Abgesehen davon, daß hierfür in den Aufzeichnungen der damaligen Zeit nicht der geringste Beweis gefunden werden kann, diese Gerüchte auch viel später erst aufgetaucht sind, muß daran erinnert werden, daß Karl XII. hohen persönlichen Mut besaß und selbst wohl kaum an Vergiftungsversuche dachte. Der Grund, warum er nicht zur Tafel kam, ist unschwer in anderen Umständen zu finden. Karl trug beständig die uns von Voltaire geschilderte Kleidung und vor allen Dingen die groben großen Stiefel. Von diesem Anzug trennte er sich höchst ungern, wird doch einmal, als er seiner Tante, der Kurfürstin-Mutter von Sachsen, in Torgau einen Besuch machen wollte, ganz besonders erwähnt, daß er zu diesem Zweck einen besseren Rock angezogen habe – von anderen Stiefeln ist dabei keine Rede. Durch ein nun bereits 7 Jahre dauerndes Lagerleben war er der Hofetikette, die er wohl als junger König kaum gekannt hatte, ganz entfremdet, seine Manieren scheinen auch nicht immer die feinsten gewesen zu sein, wurde doch in Dresden lange Zeit der Stuhl gezeigt, auf den er beim Besuch, den er der Königin machte, seine Stiefel gelegt hatte; endlich aber liebte er Geselligkeiten, mit denen ein gewisser Zwang verbunden war, durchaus nicht. Alle diese Gründe mögen ihn abgehalten haben, eine Einladung zur Tafel in Leipzig anzunehmen. Trotzdem hat er mit König August wenigstens äußerlich intim verkehrt und müssen gewisse Ungezogenheiten, welche ihm manche andichten wollen, in das Reich der Fabel verwiesen werden.

Am 28. Januar reiste der König August von Leipzig nach Lichtenburg ab, wo sich seine Gemahlin damals aufhielt, und kehrte am 3. Februar wieder nach Leipzig zurück. Am 4. Februar traf hier die Königin mit dem Kurprinzen zu einem mehrtägigen Aufenthalte ein. Am 7. Februar fuhr der König früh 9 Uhr nach Altranstädt, dinirte dort mit Karl XII. und kam nachmittags 3 Uhr mit diesem in die Stadt, wo Karl der Königin und dem Kurprinzen seine erste Visite machte. Am 9. Februar mittags 12 Uhr erwiderte der Kurprinz den Besuch des Königs von Schweden in Altranstädt, verblieb zum Mittagessen dort und kehrte erst nachmittags nach Leipzig zurück. Abends fand Assemblée statt. Es ist dies das einzige Mal, daß während der verschiedenen Aufenthalte des Königs in Leipzig eine Assemblée erwähnt wird; der König von