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und 6 Dragonerregimenter, befanden sich beim König in Polen in der Nähe von Grodno, in den Garnisonen des Landes verblieben nur schwache Abteilungen. 12 000 Mann aber, gegen 10 000 Mann Infanterie und Artillerie und 2000 Reiter, waren in der Lausitz mobil gemacht. Diese Truppen, über welche bisher der in venetianische Dienste getretene Feldmarschall Steinau den Oberbefehl geführt hatte, waren bestimmt, unter Kommando des Generals von Schulenburg, welcher erst am 16. Januar 1706 den Feldmarschall Steinau ersetzt hatte, gegen den an der polnisch-schlesischen Grenze stehenden schwedischen General Rheinschild zu operiren. In dieser Truppe „herrschte eine gedrückte Stimmung, da es unmittelbar vor dem Ausmarsch an Geld, Equipirung und Verpflegung mangelte“[1].

Das Urteil von Saraus[2], der sonst in seinen militärischen Angaben Beachtung verdient, über von Schulenburg ist hier etwas zu hart, wenn er schreibt: „Schulenburg hatte kein Vertrauen zu seinen Leuten und zum Gelingen der ihm gestellten Aufgabe, und dies mußte notwendig auf die Truppe zurückwirken. (Bis hierher hat er nicht ganz unrecht.) Auch daran, daß der moralische Zustand derselben ein so niedriger war, trug Schulenburg die Hauptschuld. Den größten Teil des Heeres hatte er selbst mehrere Jahre hindurch im Felde und im Lager kommandirt, und was aus ihnen geworden war, mußte nur ihm allein zugeschrieben werden. Die übrigen Truppen aber hatten ein ganzes Jahr hindurch unter seinem Befehl gestanden und er selbst hatte also genügend Zeit gehabt, sie zu brauchbaren Soldaten zu erziehen, wenn er dies anders vermochte. Daß er nicht verstand, einen guten Ton ins Offizierskorps zu bringen, gesteht er selbst ein, indem er sagte, daß sich nach Feldmarschall Steinaus Abgang der Parteigeist unter den Offizieren mehr als je geltend gemacht habe, obwohl Schulenburg alles mögliche that, um den Dienst von allen mit Genauigkeit ausführen zu lassen und die Disziplin aufrecht zu erhalten. Hätte Schulenburg die rechte Energie und den rechten Takt besessen, so würde er ohne Zweifel hierin Wandel geschaffen haben“.

In den 4 Wochen – vom 16. Januar bis zur Schlacht von Fraustadt, 13. Februar – in denen Schulenburg das Kommando


  1. Schuster und Franke, Geschichte der sächsischen Armee. I. S. 167.
  2. von Sarau, Die Feldzüge Karls XII. S. 169.