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führte, war er nicht imstande gewesen, einen besseren Geist in die Truppe zu bringen, daß aber ein schlechter Geist nicht nur in der Truppe selbst, sondern hauptsächlich im Offizierskorps herrschte, daß Mangel an Disziplin in hohem Grade vorhanden war, ergiebt sich aus dem folgenden. Aus dem oben angeführten Berichte des Geh. Kriegsrates von Kiesewetter an den König vom 14. Februar haben wir gesehen, daß „der linke Flügel gleich anfangs fast ohne einen Schuß zu thun“ davon gelaufen, daß aber auf dem rechten Flügel die Infanterie schon nach der ersten Salve „in confusion geraten“ ist. Aus dem ebenfalls schon mitgeteilten, vom Residenten Ebersbach aus Hamburg eingeschickten Zeitungsblatte geht hervor, wie ein dabei gewesener Leutnant alle Schuld auf die Generäle schiebt. Der General von Schulenburg selbst schreibt in seinem vom 14. Februar datirten offiziellen Berichte an den König[1]: „Es ist aber eine Unmöglichkeit, mit gutem success eine action zu endigen, wobei der meiste Teil der Kavallerie und Infanterie weder Herz noch Hand gebrauchen will. Es müssen sich mit mir alle Offiziers verwundern und gestehen, daß in ihrem Vermögen und Kräften nicht gestanden, die Leute in contenance zu halten und zu ihrer defension zu bringen“. Es wirft kein vorteilhaftes Licht auf einen Truppenführer, wenn er die ganze Schuld seines Mißgeschickes auf die Schultern seiner Untergebenen abwälzt.

Aber auch die vom Feldzeugmeister Grafen Zinzendorf, dem Gouverneur von Dresden, durch Ordre vom 16. Februar[2] getroffenen Maßregeln lassen einen tiefen Blick in die nach der unglücklichen Schlacht eingetretene Disziplinlosigkeit thun. Er befiehlt, daß die Dragoner, sobald sie zusammen gebracht werden können, an der Grenze die Pässe besetzen, die übrigen Reiter aber dahinter in der Ober- und Niederlausitz gesammelt werden sollen. Die Infanterie soll, von welchem Regiment es auch sei, zusammen nach Dresden gezogen werden. Offiziere, mit gehörigen Pässen versehen, sind nach Schlesien und Brandenburg zu entsenden, um dort die zerstreuten Truppen aufzusuchen und zu sammeln.

Der König hatte mit richtigem Blicke das Gefahrvolle der Lage


  1. HStA Der polnisch-schwedische Krieg Loc. 3618. Vol. XL.
  2. Königl. Kriegsarchiv, Die Wiedersammlung der in der Aktion mit den Schweden bei Fraustadt zerstreuten Armee. Serie A. Kap. II. Lit. a. Nr. 5. Loc. 802.