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In einem Schreiben an den König vom 30. August[1] kommt Schulenburg nochmals auf diese Bedenken zurück und fragt an „wie die auf den Beinen habenden Truppen konservirt werden könnten“, wie Lebensmittel beschafft werden sollten! Wenn man sich verteidigen wollte, müßten mindestens jetzt noch 2000 Rekruten geschafft werden, außerdem müßten alle Defensioner ohne Verzug gestellt werden. Nur wenn die Verteidigung aller festen Städte sofort in die Hand genommen würde und Pferde zur Kompletirung der Kavallerie in ausreichendem Maße gestellt würden, dann könne Aussicht auf Erfolg vorhanden sein.

So stand denn das ganze Land einem Einfalle der Schweden vollständig wehrlos gegenüber. Weder die Landesregierung noch die Armeeleitung hatten ihre Schuldigkeit gethan, indem sie weder des Königs bestimmte und klare Befehle befolgt noch selbständig die Maßregeln ergriffen hatten, durch die eine Eroberung des Landes vielleicht hätte vermieden werden können. Die festen Plätze des Landes waren noch nicht in verteidigungsfähigen Stand gesetzt, die Truppen nicht genügend ergänzt, bewaffnet und ausgerüstet. Die Landesregierung hatte, auf die von auswärts eingegangenen Nachrichten hin, der König von Schweden werde nur dann nach Sachsen einfallen, wenn daselbst keine Rüstungen vorgenommen würden, sich verleiten lassen, diese zu unterlassen; General Schulenburg aber, dem allerdings die Hände dadurch gebunden waren, daß ihm keine Mannschaften, keine Bewaffnung und Ausrüstung und kein Geld bewilligt wurden, besaß nicht die Eigenschaften, die man von einem kommandirenden General einer Armee verlangt. In seinen Bedenken, die er dem Könige mitteilt, schreibt er, er wüßte nicht, wie er die Armee „konserviren“ solle; der Gedanke, sich mit der Armee zum Wohle des Vaterlandes aufzuopfern, lag ihm also fern. Wenn er auch in einer an die Regierung gerichteten Eingabe vom 4. September[2] angiebt, daß ihm noch 660 Mann und 786 Pferde, außerdem aber eine Menge Waffen, Kleidungs- und Ausrüstungsstücke fehlen, so hätte er wenigstens in sechs und einem halben Monat Zeit gehabt, den Geist des Offizierskorps einigermaßen zu heben, die sehr gelockerte Disziplin unter der Mannschaft wieder herzustellen


  1. Ebenda.
  2. HStA Schulenburgs Schriften, den feindlichen Einfall betreffend, Loc. 3296.