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und ihren Versäumnissen eingereiht. „Darum auch wir“ hebt unser Text an. Gottes Wort und Geheiß reiht Geschlecht an Geschlecht, heißt das eine gehen, ein anderes kommen, gibt jeder Arbeitsstunde ihr Gepräge und der einzelnen Kirchenzeit ihre Bedeutung. Die eine soll Friedenswerke pflegen, die andere das Schwert bereiten und führen, die unsere behüten, bewahren, aber auch Neues aufnehmen und beginnen. Wehe der Kirchenzeit, die sich ihrer Aufgabe entzöge, sie würde von der Ewigkeit verklagt und verurteilt werden, – was hinderte sie das Land? – wohl aber jeder, die Gabe und Recht erkennt und braucht. Darum auch wir, teure Väter und Brüder, stellen uns der Gemeinde Jesu Christi mit dem schlichten und mannhaften Verspruch dar:

Wir wollen arbeiten

     1. in treuer Wahrung der Geschichte,
     2. in ernster Heiligung unseres Wesens,
     3. in freudiger Hoffnung auf endlichen Sieg.

Mein Jesus rufet mich und heißt mich mit Ihm ziehen,
In Arbeit und Geduld mich mit Ihm zu bemühen.
Ach ja, ich gehe mit. Mein Heiland, geh’ voran,
Damit in Deiner Kraft ich freudig folgen kann. Amen.





 1. Christen sind moderne Leute, weil sie die Bedürfnisse jeder Zeit erforschen und ihnen dienen wollen. Dazu sind sie von dem berufen, der seine Jünger zum Salz nicht nur für die kümmerlich kleine Erde hat werden heißen, die ihr Fuß trat, sondern in die Welt hinaus wies, daß sie ihr, wo Zersetzung drohe, helfen und wo Leerheit und Ungeschmack herrsche, sie würzen sollten. Das Licht der Welt soll nicht nur der kurzen Zeit leuchten, in der es aufgezündet wird, sondern fort und fort, so oft Finsternis und Dunkel hereinbrechen und so lange der Wanderer auf nächtigem Wege die Leuchte begehrt. Christen sind weltoffene Leute, der Welt und für sie offen. Die Stadt auf dem Berge kann nicht verborgen bleiben, sie ist aber gebaut, daß man in ihr zusammenkomme, um vor dem Sturm geborgen und aus der Flucht gerettet zu sein. So am Weg der Zeiten stehend sind wir der Kritik der Vorübergehenden ausgesetzt, einer „großen Wolke von Zeugen“. Und als Vorzug der Jetztzeit möchte der Prediger es rühmen, daß so viel am Kirchenwesen geprüft, beurteilt und bemängelt wird. Kirchenleben, das nicht der Kritik unterstände, wäre nicht nach dem Sinn dessen, der so viel Widersprechen wider sich erduldet hat, wäre gehaltlos und Schein. Die urteilenden Stimmen vom Markte her dringen in die Stille des Gotteshauses, in die Arbeit der Wächter und Hirten, bald beschwerend, bald ermunternd. Die Wolke verwehrt manchmal die Freiheit