Magazin des Weltalls. Was ein Mensch von der Wiege bis zum Sarge braucht, war bei uns zu bekommen. Und aus dem Chaos der Waaren schuf er eine Einheit. Alle Fäden liefen in seiner Hand zusammen. Er verstand sich auf jede Waare, auf Ackergeräthe, Bücher, Schiffsegel, Damenkleider, lebende Krokodile und Kinderspielzeug. Er kannte jede Fabrikation und wußte von jedem Stück, wann es gebraucht werden würde. Er bestellte neue Hutformen, Seidenmuster, Kredenzen, Glasgarnituren. Er gab die kommende Mode an. Um den alten Waaren einen Abfluß zu sichern, richtete er in der Provinz Zweigniederlassungen ein. Seine Brüder und Schwäger wurden die Leiter dieser Filialen: Joseph in Lyon, Louis in Marseille, Jérôme in Nancy, Murat in Toulouse – kurz Alle, die mit ihm irgendwie verwandt oder bekannt waren, bekamen große Posten. In der Centrale waren seine Hauptgehülfen Leute, die er irgendwo aufgegabelt und liebgewonnen hatte, fast lauter Undankbare. Er sah aber immer über die kleinen großgemachten Menschen hinweg ins Weite.“
„Ins Weltall“, warf der Akademiker Godefroy nachdenklich ein.
Der Wirth erzählte weiter: „Unser Chef wurde sehr beneidet. Man sagte, er habe Glück gehabt. Aber das ist nicht wahr. Nie hat ein Mensch so viel gearbeitet wie er. Wie oft habe ich ihn Kisten zunageln oder Pakete aufmachen gesehen. Keine Arbeit war ihm zu schlecht oder zu mühsam. Er war, wie ein Herr sein soll: gut gegen die geringsten Mitarbeiter und streng gegen sich selbst. Und darum hat mich sein Zusammenbruch so tief geschmerzt.“
„Er ist also zusammengebrochen?“ fragte die Marquise.
„Freilich, Madame! Sie haben ihn ja vorhin gesehen.
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)