Lieder und kürzere Balladen ausgewählt, an denen die englische Literatur nicht eben reich ist. Nur ein einziges Mal, bei dem Gedichte von Thackeray, erlaubte ich mir, die Form (und zum Theil auch den Inhalt) wesentlich zu ändern, um durch Vertauschung des im deutschen Gewande allzu schleppenden Versmaßes die launige Wirkung der Fabel zu retten. Bei der metrischen Treue, deren ich mich überall befleißigt, wird der Einfluss deutscher Vorbilder, namentlich Heine’scher Lieder, auf manche der jüngern amerikanischen Dichter – ich nenne nur Stoddard – deutlich erkennbar geblieben sein.
Außer den meisten Poesien von Tennyson (das Idyll, wie ich zu spät erfuhr, haben Sie selbst übersetzt!), sind von sämmtlichen Beiträgen des vorliegenden Bandes, soweit mir bekannt, bisher nur die vier Gedichte von Byron und Shelley anderweitig verdeutscht worden. Dem „Raben“ habe ich den Originaltext beigefügt, weil ich nur zu wohl empfinde, wie wenig auch die sorgfältigste Übertragung alle charakteristischen Vorzüge dieses berühmten Meisterwerks amerikanischer Dichtung nachzuahmen vermag. Wie matt und stumpf erscheint nicht schon der deutsche Refrain im Vergleich zu dem tief- und und volltönenden „Nevermore“, und wie manches kräftige Beiwort, wie manche bezeichnende Alliteration habe ich aufopfern müssen, um eine Nachbildung des Gedichts überhaupt
Adolf Strodtmann: Lieder- und Balladenbuch amerikanischer und englischer Dichter der Gegenwart. Hoffmann & Campe, Hamburg 1862, Seite XIV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lieder_und_Balladenbuch-Strodtmann-1862.djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)