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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung wegen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

Wartung zwangen mich, die edelbürtigen und mit dem wahrhaften Bürgerrecht begabten (Kinder)[1] zu vernachlässigen. 7 Es ist nun schön, darum zu beten, daß die Tugend nicht nur gebäre, – denn sie gebiert auch ohne ein solches Gebet leicht – sondern auch für uns selber gebäre, damit wir im Besitze ihrer Samen und Erzeugnisse[2] vollkommen glücklich werden. Denn sie (die Tugend) pflegt für Gott allein zu gebären, indem sie die Erstlinge der erhaltenen Güter jenem, der – wie Moses sagt – „den jungfräulichen Schoß erschloß“ (1 Mos. 29, 31) mit Dank als Opfer abstattet.[3] 8 Denn auch der Leuchter[4] das Ur- und Vorbild der Nachbildung,[5] leuchtet, wie er (Moses) sagt, nur mit einem Teil,[6] d. h. mit dem zu Gott gerichteten.[7] Dieser bildet nämlich die siebente Lampe, die sich in der Mitte der sechs zweimal dreigeteilten Leuchterschäfte befindet, welche ihm zu beiden Seiten als Trabanten stehen, und sendet seine Strahlen aufwärts zum Seienden, da er sein Licht für zu strahlend hält, als daß der Blick eines Sterblichen darauf fallen könnte.[8] [3] 9 Darum sagt er (Moses) nicht, daß Sara „nicht gebäre“, sondern nicht „für jemand bestimmten gebäre“. Denn wir sind noch nicht imstande, die Erzeugungen der Tugend aufzunehmen, wenn wir nicht vorher mit ihrer Magd verkehrt haben. Die Dienerin der Weisheit aber ist die vermittels der Vorbildung zu erlernende allgemeine (enkyklische) musische Wissenschaft. 10 Wie nämlich vor dem Torweg der Häuser die Haustür und vor den Städten die Vorstädte liegen, durch die man in jene hineingelangt, so liegt auch die enkyklische

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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung wegen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 06. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/006&oldid=- (Version vom 20.11.2016)
  1. ἀστός, Vollbürger, wird hier u. ö. mit ἀστεῖος, dem Epitheton des stoischen Weisen, gleichgesetzt.
  2. Die paradoxe Verbindung σπέρματα καὶ γεννήματα ἀρετῆς (fem.!) erklärt sich aus der kühnen Deutung: Über Abraham § 101 = quaest. in Gen. III § 18.
  3. Vgl. Über die Namensänderung § 255f.
  4. Zur Symbolik des Leuchters vgl. Über das Leben Mosis II § 102f.
  5. D. h. das Urbild des Leuchters, das nach 2 Mos. 25, 40 dem Moses auf dem Sinai gezeigt wurde.
  6. Nach LXX Exod. 25, 37: φανοῦσι ἐκ τοῦ ἑνὸς προσώπου.
  7. Der siebenarmige Leuchter galt nach Philon (s. Anm. 4) und Josephus (Altertümer III 182; Krieg V 217) als Sinnbild der Planeten. Der ‘zu Gott gerichtete Teil’ oder die 7. Lampe ist also Symbol für die Sonne.
  8. Wie die 7. Lampe allein zu Gottes Ehren leuchtet, so gebiert auch die wahre Tugend nur für Gott und für keinen Menschen.