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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

unsterblich werden sollen, durch die Ohren mit gotterfüllten Liedern einer vollkommenen Musik. Sie soll Moses gehört haben, als er, körperlos geworden, vierzig Tage und ebensoviele Nächte lang überhaupt kein Brot und kein Wasser berührte (2 Mos. 24, 18).[1] [7] 37 Der Himmel also, das Urbild aller Musikinstrumente, scheint so vorzüglich gestimmt zu sein aus keinem anderen Grunde, als damit die zur Ehre des Vaters des Weltalls gesungenen Hymnen mit Musik begleitet würden. Auch von Lea, der Tugend, hören wir, daß sie nach der Geburt des vierten Sohnes nicht mehr gebären kann, sondern daß sie mit Gebären anhält oder vielmehr angehalten wird; denn sie fand, wie ich meine, daß die ganze aus ihr hervorgegangene Geburt trocken und unfruchtbar sei, als sie den Judas, das Bekenntnis,[2] die vollkommene Frucht, hervorgebracht hatte. 38 Denn zwischen dem Worte „sie hörte auf zu gebären“ (1 Mos. 29, 35) und dem, daß die Knechte Isaaks in dem vierten Brunnen kein Wasser fanden (1 Mos. 26, 32), besteht kein Unterschied, da aus beiden Symbolen hervorgeht, daß alles nach Gott dürstet, durch den den Geschöpfen getränkt wird, was sie gebären und nähren. 39 Nun werden vielleicht ein paar Kleinstädter glauben, daß der Gesetzgeber eine so lange Erörterung über das Graben von Brunnen anstellt; die aber in die Bürgerliste des größeren Vaterlandes, dieser unserer Welt, eingeschrieben sind und vollkommenere Gedanken haben, werden genau wissen, daß sich die Forschung der Sehenden und Schaulustigen nicht auf vier Brunnen, sondern auf die vier Teile des Weltalls richtet, auf Erde, Wasser, Luft und Himmel. 40 Wenn sie jeden von ihnen mit angestrengter Aufmerksamkeit durchforschten, fanden sie in dreien etwas Erkennbares – und deshalb legten sie den gefundenen (Brunnen) auch drei Namen bei: Ungerechtigkeit, Feindschaft und Geräumigkeit (1 Mos. 26, 20–22) –, in dem vierten, dem Himmel, aber gar nichts, wie wir es kurz vorher erklärt haben; denn der vierte Brunnen stellt sich als wasserlos und trocken heraus und wird aus dem angeführten Grunde ein ,,Eid“ genannt.

[8] 41 Das Folgende wollen wir nun untersuchen und fragen, was Haran ist, und weshalb er nach Verlassen des Brunnens dorthin kommt (1 Mos. 28, 10). Es ist jedoch, wie es scheint, Haran so etwas wie die Mutterstadt der Sinne; denn es bedeutet bald „Grube“,


  1. Vgl. Leben Mosis II § 69ff., dazu Leisegang, Der Heilige Geist 157f.
  2. Vgl. All. Erkl. I § 80 und die Anmerkung dazu.
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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/19&oldid=- (Version vom 7.10.2018)