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Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/60

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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

zu sehen, da sie zu dem von Ägypten abstammenden Geschlecht gehörte. Nun aber fängt der Geist, der besser geworden ist, an, den Führer aller solcher Kräfte sich vorzustellen. 241 Deshalb sagt er auch selbst: „Ich bin der Gott“, dessen Bild du, als wäre ich es, vorhin gesehen hast und dem du eine Säule mit eingeschnittener hochheiliger Inschrift geweiht hast (1 Mos. 31, 13). Die Inschrift aber besagte, daß ich allein feststehe (2 Mos. 17, 6) und aller Dinge Wesen begründet habe, dadurch daß ich die Verwirrung und Unordnung zur Ordnung und Gliederung brachte und das All festigte, damit es fest sich stützte auf den starken und mir untergebenen [657 M.] Logos.[1] [42] 242 Die Säule ist nämlich das Symbol dreier Dinge: des Feststehens, der Weihe und der Inschrift. Das Feststehen und die Inschrift sind nun schon erklärt, die Weihe muß aber noch erwähnt werden. 243 Der ganze Himmel und die ganze Welt ist ein Weihgeschenk Gottes,[2] der das Geschenk geschaffen hat; und alle Seelen, die Weltbürgerinnen und gottgeliebt sind, weihen sich selbst, von nichts Sterblichem davon abgehalten, und nimmer werden sie müde, ihr unvergängliches Leben als Weihgeschenk und Opfer darzubringen. 244 Ein Tor, wer nicht Gott eine Säule weiht, sondern sich selbst; er stellt das auf, was zum überall schwankenden Werden gehört und hält der Inschriften und Lobsprüche für wert, was voller Tadel und Vorwurf ist und das gut wäre, überhaupt nicht aufgeschrieben oder, wenn schon geschrieben, rasch wieder ausgelöscht zu werden. 245 Darum sagt auch die heilige Schrift ausdrücklich: „Du sollst dir keine Säule aufstellen“ (5 Mos. 16, 22); denn in Wahrheit bleibt nichts Menschliches stehen, und wenn auch manche Lügner sich darüber zum Zerspringen[3] ärgern sollten. 246 Aber freilich: sie glauben nicht nur fest gegründet zu sein, sondern sie halten sich auch der Ehren und Inschriften für würdig, da sie den vergessen haben, der allein der Ehre wert ist und wirklich feststeht. Wenn sie nämlich von dem zur Tugend führenden Wege abwichen und ausbogen,


  1. Über den Logos als Stütze vgl. Über die Pflanzung Noahs § 8. Dasselbe wird auch von Gott selbst gesagt, vgl. oben § 158. Über die Wanderung Abrahams § 156f.
  2. Vgl. hierzu und zum folgenden Über die Einzelgesetze I § 66ff.
  3. Wie im Deutschen ist διαρραγῆναι = „vor Neid, Ärger, Bosheit platzen“ eine volkstümliche Redensart, die wir im lateinischen rumpi wiederfinden. οὐδ' ἂν σὺ διαρραγῇς ψευδόμενος, genau wie hier, gebraucht Demosthenes, Kranzrede 21.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/60&oldid=- (Version vom 7.10.2018)