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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Dinge.[1] 30 Aber der in die Kunst des Mähens nicht Eingeweihte freilich rühmt sich und sagt: „Mich deuchte, ich band mit anderen Garben, die ich nicht geschnitten hatte“ (1 Mos. 37, 7), und er bedachte bei sich selbst nicht, daß dies ein Geschäft für Sklaven und Ungelernte ist, wie ich ja auch schon kurz vorher sagte.

31 Garben (δράγματα) sind in allegorischer Bedeutung m. E. Tätigkeiten (πράγματα), die jeder wie seine eigene Nahrung ergreift, von der er zu leben und ewig seinen Lebensunterhalt zu bestreiten hofft. [5] 32 Es gibt nun unzählige Unterschiede zwischen den Garben, ich meine zwischen den gleichsam nährenden Tätigkeiten, unzählige auch zwischen denen, die die Garben ergreifen und erwählen, so daß man alle weder nennen noch ausdenken kann. Aber es ist nicht unangebracht, einige von ihnen als Beispiel zu erläutern, die auch der Erzähler des Traumes erwähnt hat. 33 Er sagt nämlich zu seinen Brüdern: „Mich deuchte, wir banden Garben“ (ebd.). Von seinen Brüdern aber hat er mit zehn den Vater, aber nur mit einem die Mutter gemeinsam. Der Name eines jeden von ihnen aber ist das Symbol einer höchst wichtigen Tatsache: Ruben das einer guten Anlage – er heißt nämlich „Sehender Sohn“,[2] als Sohn zwar nicht vollkommen, als Schauender aber und Scharfblickender wohlgeraten, 34 Simeon das des Lernens – er bedeutet nämlich „Anhören“[3] –, das der edlen Betätigungen und Taten und der heiligen Handlungen Levi,[4] das der an Gott gerichteten Gesänge und Hymnen Judas,[5] das der Belohnungen, die für gute Werke gegeben werden, Issachar[6] – wahrscheinlich aber waren die Werke selbst der vollständige Lohn –, Sebulon das des Lichtes, da er „verfließende Nachtwache“ heißt[7] – wenn aber die Nacht verfließt und davongegangen ist, geht notwendigerweise das Licht auf –, 35 das des Unterscheidens und Schneidens der Dinge Dan,[8] das des räuberischen Angriffs und Gegenangriffs Gad,[9] Aser das des natürlichen


  1. Mit Wendland ist wohl πάντων statt τούτων zu lesen.
  2. Vgl. Über die Geburt Abels § 120.
  3. Über die Trunkenheit § 94.
  4. Vgl. Über die Geburt Abels § 120.
  5. Vgl. Über die Pflanzung Noahs § 134.
  6. Vgl. Alleg. Erklär. I § 80; Über die Pflanzung Noahs § 134.
  7. Vgl. Über die Flucht § 73.
  8. Vgl. Alleg. Erklär. II § 96ff. und die Anmerkungen dazu.
  9. Philo deutet den Namen offenbar nach 1 Mos. 49, 19: „Gad wird gedrängt werden von Kriegshaufen, er aber drängt sie auf der Ferse“, wobei er Gad mit גדוד‎ „Kriegshaufen“ zusammenbringt.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/68&oldid=- (Version vom 7.10.2018)